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Archiv-Artikel

Der Zionismus

Triebkraft des Zionismus im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert war das unsagbare Elend, unter dem die fünf Millionen russischen Juden zu leiden hatten. Die Arbeit in der Landwirtschaft war ihnen verboten, als Bürger dritter Klasse hatten sie unter Anfeindungen und Diskriminierungen zu leiden. Das Zarenregime organisierte blutige Pogrome gegen die Juden, die angeblich die Schuld an revolutionären Tendenzen trügen. Auswanderung war für viele die einzige Hoffnung: Bis 1914 emigrierten etwa 1,5 Millionen Juden in die USA und 20.000 bis 30.000 nach Palästina, wo erste Siedlungen entstanden.

Die Gründung der zionistischen Organisation geht auf Theodor Herzl zurück. 1897 beschloss der I. Zionistenkongress unter Herzls Leitung, die Bewegung erstrebe „für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina“. Gegner des Zionismus waren vor allem religiöse Juden, die darin den Versuch einer Vorwegnahme des Messias sahen, und assimilierte Juden: Sie empfanden den Ruf nach Palästina als rückständig.

Herzls Vorstellung, in Verhandlungen mit der Türkei einen autonomen Status für die Juden zu erhalten, erfüllte sich nicht. Auch die Idee, von Großbritannien ein eigenes Gebiet in Uganda zu erhalten, scheiterte. Deshalb propagierte die Bewegung nach seinem Tod die Einwanderung nach Palästina (Alija). Zugleich entstand der Jüdische Nationalfonds, der damit begann, Boden aufzukaufen. Die Existenz einer arabischen Bevölkerung in Palästina wurde von den Zionisten zunächst nicht als Problem gesehen.

Im Ersten Weltkrieg waren Deutschland und die Türkei Verbündete. Der russische Zionist Chaim Weizmann erreichte 1917 von Großbritannien die Zusicherung, die Regierung seiner Majestät betrachte die Schaffung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk mit Wohlwollen (Balfour-Deklaration). Ähnliche Versprechungen hatten die Briten zuvor auch der arabischen Seite gemacht. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Großbritannien im Auftrag des Völkerbunds Mandatsmacht über Palästina. Jährliche Einwanderungsquoten bestimmten den Zuzug der Juden. Der arabische Widerstand wuchs und kulminierte im Aufstand von 1936. Linke zionistische Gruppen verlangten die Aussöhnung mit der arabischen Seite; die Revisionisten propagierten die Gründung eines jüdischen Staats.

Großbritannien schlug 1937 die Aufteilung des Landes in einen arabischen und einen jüdischen Staat vor. Die Einwanderungsquoten wurden stark gesenkt, um der arabischen Seite entgegenzukommen. Radikale Anhänger der Revisionisten starteten deshalb Guerillaktionen gegen Briten und Araber; zugleich begann die illegale Einwanderung der von den Nazis verfolgten Juden Europas.

Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs drängten die überlebende Juden nach Palästina, doch Großbritannien wollte ihre Einreise nicht gestatten. Am 29. November 1947 empfahl eine UN-Vollversammlung die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat. Am 14. Mai 1948 proklamierte David Ben Gurion in Tel Aviv den Staat Israel.

Arabische Armeen griffen den neuen Staat an, konnten jedoch im Unabhängigkeitskrieg zurückgeschlagen werden. Infolge des Kriegs wuchs das Territorium Israels erheblich auf die Grenzen von 1967 an. Die von der UN empfohlene Gründung eines arabischen Staats in Palästina kam nicht zustande. Jordanien verleibte sich das Westjordanland ein, Ägypten den Gaza-Streifen. KLAUS HILLENBRAND