Der Westen scheitert mit seiner Sanktionspolitik gegen Iran : Letzte Phase vor dem Krieg
Vor 67 Jahren begann mit Deutschlands Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Der heutige 1. September wird möglicherweise in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem der seit Jahren schwelende Konflikt zwischen Iran und dem Westen in die Vorkriegsphase eingetreten ist. Denn die Frist für die Aussetzung der Urananreicherung, die der UN-Sicherheitsrat der iranischen Führung gesetzt hatte, ist gestern um Mitternacht verstrichen.
Die insbesondere in Berlin, Paris und Brüssel bis zuletzt gehegten Hoffnungen, Teheran möge durch ein Signal des Einlenkens in letzter Minute den Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrats noch einen gesichtswahrenden Ausstieg aus der eigenen Sanktionsdrohung ermöglichen, haben sich als Illusion erwiesen. Die durch die westliche Eskalationspolitik gestärkte Hardlinerfraktion in Teheran hat sich in der Atomfrage bis auf weiteres durchgesetzt. Diese Fraktion weiß sehr genau, dass die Sanktionsdrohungen weitgehend leer waren. Dennoch wollen die drei westlichen ständigen Ratsmitglieder sowie Deutschland ihre kontraproduktive Politik der Sanktionen fortsetzen. Zur Begründung heißt es, der Sicherheitsrat müsse nun „konsequent“ bleiben und sich „an seine eigenen Resolutionen halten“. Wenn diese Kriterien doch nur auch für die Umsetzung etwa jener UNO-Resolutionen gelten würden, die seit Jahrzehnten den Rückzug Israels auf seine Grenzen von 1967 fordern.
Im Fall von Sanktionen gegen Teheran wird die Fortsetzung der bisherigen Strategie des Drucks das Desaster der westlichen Iranpolitik nur noch vergrößern. Denn einen Beschluss des Sicherheitsrats zur Verhängung spürbarer Sanktionen gegen Iran wird es nicht geben. Und die Ankündigung der USA, in diesem Fall eine „Koalition der sanktionswilligen Staaten“ außerhalb der UNO zu bilden, dürfte Teheran wenig beeindrucken. Denn die wichtigsten Handelspartner Irans werden dieser Koalition nicht beitreten. Damit steigt der Druck auf die Bush-Administration, ihr Gesicht zu wahren, und verengen sich ihre Handlungsspielräume gegenüber Teheran in gefährlicher Weise auf die militärische Option. ANDREAS ZUMACH