CORNY LITTMANN, ST. PAULI-CHEF : Der Vorkämpfer
■ Der Theatermacher hat den FC St. Pauli 2002 in einer Vereinskrise übernommen und stabilisiert. Foto: dpa
FC St. Pauli-Präsident Corny Littmann glaubt nicht, dass durch den tragischen Tod von Nationalspieler Robert Enke mit Tabu-Themen im Profi-Fußball gebrochen wird. „Die Bereitschaft ist zwar da in den Vereinen, auch unter Journalisten, sehr sorgfältig mit diesen Themen umzugehen“, sagt der Chef des Fußball- Zweitligisten aus Hamburg, „aber es bleibt die nicht kalkulierbare Situation in einem Mannschaftsumfeld, es bleiben die nicht kalkulierbaren Reaktionen der gegnerischen Fans.“
Littmann kennt sich aus mit Tabu-Themen. Er ist homosexuell und hat damit nie hinterm Berg gehalten. Im Gegenteil: Über Jahrzehnte hinweg hat er gegen die Diskriminierung Homosexueller gekämpft. 1980 sorgte er für Aufsehen, als er den Einweg-Spiegel einer Herrentoilette zerschlug. Jahrelang hatte die Hamburger Polizei durch diese Spiegel Schwule beim Flirten und beim Sex beobachtet. Einige Hundert wurden festgenommen und mit Toiletten-Hausverboten belegt.
Der Vereinspräsident kann verstehen, dass sich schwule Fußball-Profis nicht outen wollen. Die Gefahr, dass sie stigmatisiert werden, sei hoch. „Wenn es plötzlich einer tut, wird ihm ewig anhängen, der erste schwule Fußballer der Bundesliga gewesen zu sein“, sagt er. „Ob ein junger Mensch mit diesem Prädikat wohl rumlaufen möchte?“
Beim FC St. Pauli dagegen gehört Anderssein zur Kult-Kultur. „Ein schwuler Spieler beim FC St. Pauli hätte nicht die geringsten Probleme, auch nicht mit den Fans“, behauptet Littmann. Aber der Spieler habe schließlich nur einen begrenzten Vertrag mit dem FC St. Pauli. „Was passiert danach?“, fragt Littmann.
Der 56-Jährige hat sich in vieler Hinsicht um Hamburg verdient gemacht. Mit dem Schmidt-Theater und Schmidt’s Tivoli trug er dazu bei, den Niedergang der Reeperbahn zu stoppen. Und seit er beim FC St. Pauli präsidiert, fährt der Verein in ruhigen Gewässern. DPA/KNÖ