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■ Der US-Starforscher auf dem Welt-Aids-KongreßIhr Auftritt, Robert Gallo

Berlin (taz) – Am Ende konnte man in einem Riesenknäuel nur noch seinen Haarschopf sehen, hin und hergeschoben vom wabernden Journalistenpulk. Der amerikanische Starforscher Robert Gallo versuchte, eingekeilt von Fernsehkameras, Mikrophonen und Photoapparaten, ein Interview zu geben. Vom Aids-Forscher zur Filmdiva.

Wie schon im vergangenen Jahr in Amsterdam, als sich die Medien mangels Sensationen ihren eigenen Knüller schufen und in großer Aufmachung ein angeblich drittes Aids-Virus herbeischrieben, ist man für jeden Star der Szene dankbar. Vor allem auch deshalb, weil es immer schwieriger wird, über den Kongreß selbst, also über die Details eines wissenschaftlich hochkomplizierten und kaum noch überschaubaren Stoffs zu schreiben.

Gallo lieferte einen strategischen Vortrag über mögliche neue Angriffspunkte beim Aids-Virus. Sein interessantester Ansatz: Kollegen von ihm haben herausgefunden, daß das bislang noch unbekannte humane Herpes-Virus Nr. 7 exakt über denselben Rezeptor verfügt wie das Aids-Virus HIV. Ein Rezeptor ist die „Anlegestelle“, mit der das Virus an der Wirtszelle des Menschen „festmacht“. Da man bisher dem Herpes-Virus keine gefährlichen Eigenschaften nachweisen konnte, will es Gallo gezielt als Konkurrenz von HIV benutzen. „Das Virus mit einem anderen Virus bekämpfen – eine faszinierende Idee.“

Zumindest im Labor ist es, wie Gallo auf der Pressekonferenz berichtete, gelungen, die HIV-Infektion mit Hilfe des Herpes-Virus abzublocken. Jetzt sei es notwendig, so der US-Virologe, die Eiweißverbindung des Herpes-Rezeptors gezielt zu züchten. Diese Herpes- Teilchen müßten dann im Tierversuch nochmals auf ihre Unbedenklichkeit erprobt werden, um sie dann als HIV-Konkurrenten in großer Stückzahl einzusetzen: Wo ein Herpes-Rezeptor andockt, ist für das Aids-Virus kein Platz mehr. Ein anderer Ansatz, den Gallo vorstellte, ist ein Therapie-Versuch mit mehreren antiviralen Medikamenten gleichzeitig. Bei der Einnahme mit einzelnen antiviralen Substanzen wie zum Beispiel AZT kommt es langfristig bei den meisten Patienten zur Ausbildung von Resistenzen: Es bilden sich Virus-Mutanten, die dem Medikamentenbeschuß standhalten. Gibt man mehrere Medikamente gleichzeitig, die an verschiedenen Angriffspunkten ansetzen, könne die Resistenzbildung, so glaubt Gallo, vielleicht unterlaufen werden. Bisher wurde mit den bestehenden Arzneien (AZT, DDI und DDC) meist eine Kombinationstherapie durch den Einsatz nacheinander wechselnder Mittel versucht. Mit den neuen antiviralen Substanzen, die vermutlich in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen werden (unter anderem 3TC, L661 oder D4T) wäre eine größere Auswahl für den parallelen Einsatz verhanden.

Wenig konkret blieb der dritte Vorschlag des Virologen. Er will die menschliche Zelle angehen. Als Parasit sei HIV auf die Versorgung aus den Wirtszellen angewiesen. Es holt sich dort verschiedene Zellfaktoren, seine Gene und Eiweißsubstanzen. Vielleicht, so Gallos Überlegung, könne man diese Proliferation stoppen, indem man das Angebot in den Zellen verknappt. Wie dies genau geschehen soll, blieb allerdings offen. Das konnte man den Starforscher dann persönlich fragen. Sofern man im wabernden Journalistenpulk einen Platz ergattern und sein eigenes Wort noch verstehen konnte ... Manfred Kriener

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