: Der Ton macht die Musik
Betr.: „110 – gegen die Staatsgewalt“, taz bremen vom 12. August 2003
Habe ich nun mit der falschen Person gegen die Bremer Polizei sympathisiert? Habe ich mich nach dem Motto „black is beautiful“ sozusagen selbst ausgetrickst und selbstverständlich angenommen, wenn die Bremer Polizei gegen einen Schwarzen vorgeht, dann muss da etwas falsch sein? Auch wenn gegen eine Person vier Haftbefehle vorliegen, kann ich erwarten, dass sich die Polizei an bestimmte Regeln hält – und zwar ohne 50 Menschen drumherum, die Stress machen. Wenn die Polizei auf einen Konflikt aufmerksam gemacht wird, erwarte ich, dass sie von allen Beteiligten die Papiere kontrolliert und nicht Schwarze greift und Weiße laufen lässt. Polizisten können vor Ort durch entsprechende Rücksprachen klären, ob ein Haftbefehl vorliegt, dafür müssen sie niemand zur Wache mitnehmen. Und: Auch hier macht der Ton die Musik: Wenn der leitende Beamte aufbrausend tönt: „Du bist hier in meinem Land und in meinem Revier“, dann entspannt das nicht die Situation – auch dann nicht, wenn jemand zuvor unhöflich oder Schlimmeres war.
Selbst wenn dann klar ist, gegen den Schwarzen liegen Haftbefehle vor und eine Mitnahme auf das Revier ist unumgänglich, stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit der Mittel, wenn er sich weigert, freiwillig mitzukommen. Drei Polizisten, die das nicht erstmals machen, die geschult sind, „unmittelbaren Zwang“ anzuwenden, und die selbst dann noch auf jemand einschlagen, wenn der am Boden ist und sie selbst über oder neben ihm, handeln nicht mehr angemessen. Einer der Beamten fühlte sich zwischen Tatverdächtigem und Autotür in die Enge getrieben. Bitte: Der Schwarze war allenfalls mittelgroß und schlank, der betreffende Polizeibeamte groß und kräftig gebaut.
Bleibt die Frage nach dem Biss. Menschliche Bisse sind alles andere als unproblematisch und eine mögliche HIV-Infektion kompliziert die Sache. Das beantwortet allerdings nicht die Frage: „Wie kamen die Zähne auf die Höhe des Beines?“ Zum Schluss bleibt für mich auch die Frage: „Wann darf ich mich eigentlich bei einem Polizeieinsatz wehren, was muss ich über mich ergehen lassen, weil es ‘angemessen‘ ist?“ Thomas Berger, Bremen, Augenzeuge