Der Sommer im Museum : Surreal und wohltemperiert
Nehmen wir mal an, man säße in der – auch norddeutschen – Großstadt, und es wäre ein erdrückend heißer Sommer.
Setzen wir weiter voraus, man wäre einer derjenigen Zeitgenossen, die extreme Hitze - ob kombiniert mit Schwüle oder nicht – ganz und gar nicht ertragen. Wäre es da nicht das Angemessenste, sang- und tatenlos in der kühlen Wohnung zu verbleiben und seine freien Tage bei der Lektüre alter Zeitschriften zu verdämmern, da die Neuanschaffung den erstickenden Gang zum Kiosk bedeutete?
Was wäre aber nun zu unternehmen, wenn man sich, dessen müde geworden, doch einmal gänzlich anderes zu Gemüte führen wollte, möglichst an einsam-kühlem Ort? Richtig, ins Museum könnte man dann streben, ins menschenleere, in dem einen noch dazu allerlei adrette Kunst umgibt.
Und in der Tat: Gar wohl wird einem in der dort geradezu meditativen Stille, in der die Schritte des Besuchers bedeutungsschwer durch die Gänge hallen und in dem selbst die Aufseher wie künstlich aufgestellte Figuren wirken, rat- und funktionslos ins Nichts platziert.
Fast surreal bewegt man sich alsbald durch die heiligen Hallen - und nur allmählich gewahrt man, dass einem eben jene Aufseher wie magisch angezogen zu folgen beginnen: Erst einer, dann zwei, dann immer mehr, treten sie herzu, beginnen ungefragt zu erklären, was dieses und jenes Werk bedeutet und was sich vermutlich weiland der Künstler gedacht.
Verwundert ob solch geballter Aufmerksamkeit hält man inne, glaubt sich gar im Traum, bis man endlich begreift, welch Problem sich hier offenbart: Endlich ein zu Bewachender, hat die schon hitzedumpfe Aufseherseele bei des Besuchers Ankunft tiriliert: endlich jemand, der ihre Existenz an eben jenem Orte rechtfertigt und die Bewacher gleichsam zu neuem Leben erweckt.
Wenn es einen auch ein wenig kränkt, ist man letztlich doch beruhigt angesichts der Erkenntnis, dass solch geballte Fürsorge des sonst eher strengen Personals keineswegs dem Individuum gegolten... Petra Schellen