: Der Sire gibt Wahlrecht
■ Heute beim „Bremer Podium“: Der Komponist Christian Wolff
Fast alle Komponisten schreiben ihren Interpreten auch noch das klitzekleinste Quietscherchen in die Noten, damit auch gewiß keine unkomponierten Noten den Instrumenten entweichen. Der heutige Gast des Bremer Podiums von Radio Bremen, der amerikanische Komponist Christian Wolff, sieht das anders: Sein Werk durchzieht ein „besonderer Respekt vor der Autonomie der Spieler“, wie er sagt. Diese SpielerInnen werden im heutigen Konzert „l–art pour l'art“ aus Hamburg und die jazznahe „ugly culture“ aus Köln sein.
Jedes seiner Stücke klingt bei jedem Konzert anders, denn Wolff läßt den MusikerInnen immer wieder Raum zur freien Gestaltung, manchmal sogar bis hin zur Wahl der Instrumente. Und dennoch, Wolffs Handschrift klingt immer durch: viel Stille, rhythmisch fixierte Passagen, Melodien, deren Töne auf verschiedene Instrumente verteilt sind, und plötzliche Schlüsse, die seine eigentlich gar nicht „harmonische“ Musik in den Ohren weiterklingen lassen.
Auch konkrete politische Inhalte bezieht der jetzt fast 60jährige mit in seine Musik ein. Das wird auch im heutigen Konzert zu hören sein: die kriegerische Snare Drum wird für einen Friedensmarsch demiltiarisiert, und in der Braverman Musik II ist das bekannte Moorsoldatenlied die musikalische und programmatische Basis. Das letzte Stück des Konzertes könnte das Motto des Abends sein: Changing the System, nach einem Text der StudentInnenrevolte. In diesem Stück wird der Komponist selber mitspielen - bei freier Instrumentenwahl, versteht sich. Wilfried Wiemer
Um 17.30 Uhr Workshop mit dem Komponisten, um 20.30 Uhr Konzert; Radio Bremen - Sendesaal, Bgm.-Spitta-Allee
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