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■ Der SPD läuft die Zeit wegSondierung ohne Ziel

Bis zum Parteitag am 15. Dezember wollen die Sozialdemokraten in Sondierungsgesprächen mit der CDU ausgelotet haben, ob es Koalitionsverhandlungen geben soll. Als die Sozialdemokraten dies noch unter dem Schock der Wahlniederlage Ende Oktober beschlossen, war klar, daß es dabei nur nachrangig um den Partner CDU geht, sondern vor allem um die Reorganisierung der eigenen Reihen. Doch nach vier Sondierungsrunden ist nur eines deutlicher geworden: Die Zeit bis zum Parteitag zerrinnt der SPD, aber Umrisse eines Neubeginns werden weder nach außen noch nach innen sichtbar. Der Apparat steht still. Von einem Prozeß, wo bilanziert, verworfen und neu bewertet wird, ist nichts zu merken.

Manches erinnert gegenwärtig an die Monate vor der Parlamentswahl, als die Sozialdemokraten wie eine Therapiegruppe in ihrer eigenen kleinen Welt lebten und nicht die Stadt gewinnen wollten, sondern nur die Köpfe der Berliner Genossen. Nirgendwo sind Vorstellungen zu erkennen, wie die nächsten vier Jahre anders als im bisherigen Koalitionsmuff regiert werden kann: Wie die SPD ehrlich mit sich selbst und der Stadt das tut, was die Finanzlage an Grausamkeiten gebietet und dennoch dort gestaltet, wo es wenig kostet. Da gäbe es vom Busspurnetz bis zur erleichterten Einbürgerung von ausländischen Berlinern einiges. Tatsächlich aber gibt die bis in die Führungsspitze verstörte SPD dem Regierenden Bürgermeister und der CDU Gelegenheit, sich unwidersprochen als Sachwalterin Berliner Interessen hinzustellen.

Zufrieden über den bisherigen Verlauf der Sondierungsgespräche kann keiner sein, nicht einmal jene SPD-Mitglieder, die für den Gang in die Opposition oder für Neuwahlen plädieren. Neuwahlen können nur dann ein gangbarer Weg sein, wenn den Berlinern zuvor unzweideutig vorexerziert wurde, daß man mit der CDU keinen Staat machen kann. Ansonsten ginge die Talfahrt der SPD bei einer Neuwahl ungebremst weiter – daran ändert ein Parteivorsitzender Lafontaine nichts. Und auch die Vertreter einer tolerierenden Opposition müßten deutlich machen wollen, wie man von der Oppositionsbank aus der CDU Feuer unterm Stuhl machen kann. Gegenwärtig muß man befürchten, daß auf dem Parteitag am 15. Dezember außer Formelkompromissen nichts herauskommt und die SPD mit der gleichen inneren Spaltung wie in der Vergangenheit in weitere vier Jahre Große Koalition schlittert. Gerd Nowakowski

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