: Der SPD droht Personalabbau nach Wahldebakel
■ „Schmerzliche Einschnitte“ in der gesamten Organisation angekündigt
Nach der politischen Krise kommt das Finanzdebakel: Die SPD bekommt für ihren Wahlkampf vom Staat weniger finanzielle Unterstützung als sie erwartet hat. Landesschatzmeister Klaus- Uwe Benneter bestätigte gestern ein Defizit von über 800.000 Mark. Er kündigte „schmerzliche Einschnitte“ in der gesamten Organisation und den weiteren Abbau von Personal an. Freiwerdende Stellen sollen auch künftig nicht besetzt werden. Entlassungen schlossen sowohl der Schatzmeister und der Landesgeschäftsführer Rudolf Hartung aber aus.
Die Finanzkommission der Partei wird innerhalb der kommenden drei Wochen zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Die Kommission werde „strukturelle Veränderungen“ beschließen, sagte Hartung. Bei den Einsparungen gebe es keine großen Spielräume, da der größte Posten die Personalkosten sind, meinte Schatzmeister Benneter. Freiwerdende Stellen werden bereits seit fünf Jahren nicht mehr besetzt, der Mitarbeiterstamm halbierte sich seitdem bereits auf 17 Angestellte.
Geschäftsführer Hartung hielt für möglich, daß die Dienstleistungen für Kreis- und Ortsverbände künftig nicht mehr vom Landesverband subventioniert sondern statt dessen kostendeckend berechnet werden. Er erhofft sich auch eine Einnahmesteigerung bei den Beiträgen der rund 22.000 zahlenden Mitglieder. Der Landesverband erhält jährlich mit drei Vierteln der Beiträge 3,1 Millionen Mark, das andere Viertel fließt in die Kassen der Kreisverbände. Mitglieder könnten sich freiwillig höher einschätzen als bisher. Auch müsse das Spendenaufkommen erhöht werden, sagte Hartung.
Nachdem die SPD bereits in den Wahlkämpfen 1981 (Vogel) und 1985 (Apel) insgesamt neun Prozentpunkte tiefer rutschte, ist sie nie wieder aus den roten Zahlen gekommen. 1990 wurden deshalb die 23 Büros der Kreisverbände zu 13 Regionalbüros zusammengefaßt. Zur Zeit steht der Landesverband mit mehr als einer halben Million Mark in der Kreide. Auf dem Höhepunkt der Verschuldung mußte die SPD 1991 153.000 Mark Zinsen zahlen. Letztes Jahr gingen der Parteikasse auf diesem Weg allein 66.000 Mark verloren. Benneter will die Finanzlage bis 1998 deutlich verbessern, denn dann stehe mit der Bundestagswahl der nächste Wahlkampf an. Dirk Wildt
Wahlkampfkosten siehe Seite 23
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