: Der Quotentrick der SKP
■ „Budgetierung“ gefährdet Beschäftigung von Behinderten: Quote an Gelder koppeln?
So war das mit der Verwaltungsreform nicht gedacht: Noch bevor die „Budgetierung“ der Bremischen Haushalte überhaupt eingeführt ist, zeichnen sich bereits die möglichen Verlierer der Reform ab: Die Schwerbehinderten. An ihnen lassen die Dienststellen ihren Spardruck aus, fürchten die Behinderten und berieten deshalb am Mittwoch über die „Beschäftigungspolitischen Chancen der Verwaltungsreform“. Denn die Senatskommission für das Personalwesen (SKP) will die Dienststellen mit dem gleichen Instrument zur Behindertenfreundlichkeit veranlassen, mit dem sie sie zum Sparen erzieht: Dem lieben Geld.
Ziel der Reform ist es, den einzelnen Ressorts und Dienststellen einen eigenen Haushalt mit einer Obergenze und größerer Verantwortung für den Einsatz der Mittel zu geben. Der gewünschte Effekt: Die Bediensteten arbeiten kostenbewußt und betriebswirtschaftlich. Der ungewünschte Nebeneffekt: Die Verwaltungen könnten so betriebswirtschaftlich denken, daß die Einstellungen von Schwerstbehinderten zurückgehen. Denn obwohl von allen Seiten betont wird, Behinderung bedeute keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, fürchtet Friedrich-Wilhelm Dopatka, Staatsrat bei der SKP, Hintergedanken bei den Dienststellen: Behinderte könnten demnach nicht so einfach versetzt werden und als störend bei der Flexibilisierung empfunden werden. Oder aber sie gelten als anfällig für hohe Krankheits-Fehlzeiten.
Um dem einen Riegel vorzuschreiben, denkt Dopatka in Quoten: Laut Schwerbehindertengesetz sollen sechs Prozent der Arbeitsplätze an Schwerbehinderte vergeben werden. Bremen liegt da mit seinen 5,6 Prozent bei insgesamt 38.700 Arbeitsplätzen im Öffentlichen Dienst zwar unter der Richtlinie, aber bundesweit an der Spitze der Länder. Der Trick der SKP: Warum nicht den Verwaltungen sechs Prozent ihrer Personalmittel mit der Auflage anweisen, damit Stellen für Schwerbehinderte zu bezahlen, ansonsten aber das Geld zurückfließen zu lassen? So würde ein mächtiger Anreiz für die Einstellung Behinderter erreicht. Die Tagung diente auch der Absprache dieses Vorschlags mit den Vetrauensleuten der Behinderten und Personalräten. „Es geht um den Unterschied zwischen Sonntagsreden und den Problemen vor Ort“, meinte Dopatka. „Eine schlanke Verwaltung kann nicht bedeuten, daß die Schutzfunktionen des Gesetzes für Schwerbehinderte über Bord geworfen werden.“
Die Bremer Quote von 5,3 Prozent ist nur ein Mittelwert.. Denn während zum Beispiel in der Verwaltung der Arbeitssenatorin etwa 18 Prozent Schwerbehinderte arbeiten, sind es im Krankenhaus Links der Weser laut SKP nur 3,2 Prozent. Dessen Verwaltungsdirektor Claus Arnold Thielbar weist die Vorwürfe zurück, Behinderte würden aus Kostengründen abgelehnt: „Sowas gibt es bei uns nicht. Durch die strengere Anerkennungspraxis gibt es nicht mehr soviele Schwerbehinderte, die sich auf Stellen bewerben.“ Das Krankenhaus finde einfach keine Schwerbehinderten, um seine Quote zu erfüllen: „Bei Ärzten und Schwestern gibt es eben wenig Schwerbehinderte.“ bpo
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