: Der Osten ist großer Klang
■ Eine Woche der osteuropäischen Klassikinterpretationen in der Musikhalle
Nicht alles, was lange währt, wird endlich gut. Etwa der lange gehegte Plan von Gidon Kremer, Martha Agerich und Mischa Maisky, endlich einmal zusammenzuarbeiten und eine gemeinsame Tournee zu veranstalten, wurde kurz vor Reisebeginn von einer Krankheit Agerichs durchkreuzt. Zwar bot sich Valery Afanassiev an, das kammermusikalische Projekt vor dem totalen Scheitern zu retten, und die Kombination der drei in der ehemaligen Sowjetunion geborenen Künstler ist sicherlich keine Notlösung, die irgendjemand von einem Konzertbesuch abhalten müßte.
Aber Traumkombinationen, wie sie der geniale Allrounder Kremer, der jede Stilrichtung der E-Musik von der Klassik bis zu Luigi Nono mit ganz eigenen Seelentönen erneuert, mit Agerich und Maisky gewesen wäre, also Besetzungen, denen über die gemeinsame Liebe zur Musik auch noch eine persönliche Verbindung anhaftet, die das Quentchen mehr Schönheit liefert, das ein Konzert veredeln kann, bleiben doch etwas einzigartiges. Vielleicht aber muß der Traum einfach noch ein wenig länger währen. Auf dem jetzigen Programm stehen Werke von Schubert und Schostakowitsch.
Auch mit ihrer nächsten Stareinladung hatte die Konzertagentur Goette kein Glück. Der Cello-Virtuose mit Entertainerqualitäten Yo-Yo Ma, der eigentlich am Sonntag hätte auftreten sollen, leidet an einer Berufskrankheit. Seine Sehnenscheidenentzündung gibt einem anderen höchst medientauglichen Duo die Gelegenheit zur Vorführung. Die Pekinels werden mit einem bunt gemischten Programm aus Brahms, Bach, Gershwin, Lecuona und Liszt die enttäuschten Besucher in Windeseile zu neuen Fans umerziehen. Wer das Klavier-Duo Güher und Süher bereits live oder auf CD genießen durfte, wird eh den Trauerflor daheim lassen.
Die Reihe der Gäste aus dem Osten, die diese Woche in der Musikhalle Ohren und Wände mit Klang sättigen wollen, wird – wenn nicht noch etwas dazwischen kommt – beschlossen von Dimitry Sitkovetsky, der als Solist mit dem Bolschoi Sinfonie Orchester unter dem zu hohem Ruhm strebenden Peter Feranec zweimal Tschaikowsky geben wird. Das Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35 und die 5. Sinfonie sind angesetzt.
Till Briegleb
Geschwister Pekinel: Sonntag, Afanassiew/Kremer/Maisky: Dienstag, Sitkovetsky: Mittwoch. Alle Konzerte Musikhalle, 19.30 Uhr
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