: Der Künstler mit dem Wurm
■ Ein Termin, der es unserer Fotografin ziemlich schwer machte
Der Künstler mit dem Wurm
Ein Termin, der es unserer Fotografin ziemlich schwer machte
Eigentlich war das ein ganz einfacher Auftrag. Die Fotografin sollte nur den eifrigen Künstler Ben Wargin bei seiner neuesten Aktion ablichten. Aber zum Schluß war Frau Nelly ziemlich entnervt.
Ben Wargin hat seinen vergammelten Bio-BVG-Bus am Flohmarkt an der Straße des 17. Juni wieder aufgepäppelt und seine Liebe zum Regenwurm entdeckt. Enthüllt werden sollte dort eine „Gedenkstätte für die Herzen der Regenwürmer“, für diese zappeligen Nackedeis, die sich still leidend durch die Erde wühlen und nicht einmal pieps sagen. Mit Hilfe einer 5.000 Mark-Spende von der Stiftung Naturschutz hat der Gingko-Baum-Pate etliche ausgediente Grabaufsätze aus Marmor gekauft, hat Laub und Erde hineingeschaufelt und läßt darin die Würmer würmeln. Und auch ein paar Gehwegplatten aus Granit stehen aufrecht herum, wohl um zu dokumentieren, daß unterm Straßenpflaster der Regenwurm robbt.
Also klarer Auftrag für die Fotografin. Wenn da nicht der aus Hamburg angereiste 'Bild'-Zeitungs-Fotograf gewesen wäre, so wie man sich den vorstellt, wenn man Wallraf und Böll gelesen hat; Typ arroganter Camel-Raucher (imagegemäß mit four-wheel-Japaner vorgefahren), der immer eine schicke Frau neben den Gingkomanen Wargin plazierte und ewig „lächeln, Wargin“ brüllte. Als unsere Fotografin den Foto -Cowboy ablichtete, wurde der freilich wild. „Recht am eigenen Bild“ reklamierte er; ausgerechnet der. Und außerdem würde diese scheiß-linke Zeitung immer seine Fotos aus der 'Bild'-Zeitung klauen und abdrucken (was er sich wohl wünscht).
Und auch der Herr von der Stiftung Naturschutz, dem die Veranstaltung 5.000 Mark wert war, wurde nicht recht froh. Die Feier störte nämlich ein arabisch aussehender Mensch, der lauthals auf die Deutschen schimpfte und daß sie für alles Geld hätten, nur nicht für das palästinensische Volk. Und dabei warf er immer wieder Kleingeld in die Luft. Aber mit dem wollte keiner reden, deswegen beschimpfte er die geparkten Autos. Vielleicht schaut der Ben Wargin deshalb so finster auf dem Foto. Wie gesagt, das hätte ein ganz einfacher Auftrag sein können.taz
Foto: Nelly Rau-Häring
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen