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Press-SchlagDer Krieger

■ Nur Rot kann Sammer deaktivieren

In der Welt von Matthias Sammer ist Pulverdampf, Schlachtgetümmel, Kreuzfeuer und Kampfgeschrei. Dort gibt es Minenfelder, Unterstände und Feldherrenhügel. Von einem solchen treibt er seine schwarz-gelbe Armee voran ins Gefecht gegen den Feind, der nur gekommen ist, Borussia Dortmund die Punkte zu rauben, Siege zu stehlen und Niederlagen beizufügen.

Das darf nicht sein, also gilt es, „richtig in die Zweikämpfe zu gehen“, wie er sagt. Dem Gegner wird dabei keine Schonung auferlegt. Also knallt er auch schon mal einem verdutzten Verteidiger an dessen Strafraum die Beine weg. „Das war ein taktisches Foul“, sagt er hinterher. Der Gegner hätte in dieser Situation einen gefährlichen Konter einleiten können.

Überhaupt ist Sammer ein großer Taktiker. Als Ausdruck generalistischer Allmacht hat er seinen Arbeitsbereich als Libero auf das gesamte Spielfeld ausgedehnt. Einer wie er hat überall zu sein. Zum Beispiel am gegnerischen Strafraum, wo er verdutzten Verteidigern eben die Beine weghaut. Weil er gerade hinten fehlt. Dafür gibt es dann eine gelbe Karte. „Berechtigt“, sagt er.

Ein Grund innezuhalten ist das nicht für den Kapitän von Borussia Dortmund. Er ist das Vorbild, der Modellprofi, Europas Fußballer des Jahres. „Fußball ist ein aggressiver Männersport“, sagt Bochums Trainer Toppmöller und hätte gerne einen wie Sammer. Noch wilder gestikuliert der, brüllt herum und schnauzt Freund wie Feind an. Hurrageschrei und Kriegsgebrüll bis die Schlacht entschieden ist.

Also geht Sammer weiter in die Zweikämpfe.

Richtig in die Zweikämpfe.

„Sonst muß mich der Trainer eben vom Platz nehmen“, sagt er. Matthias Sammer ist ein Superheld und eine Kampfmaschine, er kann nur durch Auswechslungen deaktiviert werden. Hulk und Superman, Terminator und Robocop, James Bond und Popeye in einer Person. Sein Fußballkrieg ist noch nicht vorbei. Das spüren auch die Fußtruppen im Borussentrikot. Manchmal glauben sie kurz, nur in einer normalen Bundesligapartie zu spielen. Sofort gibt es von Sammer freundliches Feuer um die Ohren. Ob er sie in der Kabine schlägt?

Nachgelassen wird erst, wenn er es erlaubt. Keinesfalls wenige Minuten vor Schluß, beim Stand von 2:0 gegen den Feind aus Bochum. Also tritt Sammer seinem Gegenspieler irgendwo da draußen an der Seitenlinie in die Geschlechtsteile. Richtig in die Zweikämpfe gehen. Dafür zeigt ihm der Schiedsrichter noch eine gelbe Karte und damit die rote. Platzverweis für Matthias Sammer, die Kampfmaschine ist deaktiviert. „Berechtigt“, sagt er. Der Trainer hat ihn eben nicht vom Platz genommen. Christoph Biermann

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