Der Konflikt im Gazastreifen: Kriegsgewinner Iran
Israel glaubt, dass der Iran großes Interesse an der Eskalation des Gaza-Konflikts hat. Und weiter Waffen und Geld an Hamas liefern wird. Daher ist die Kontrolle der Tunnel entscheidend.
Irans Präsident Mahmud Ahmedinedschad gehörte zu den Ersten, die dem politischen Chef der Hamas, Khaled Maschal, zum "Sieg über die zionistischen Verbrecher" beglückwünschte. Die aus Teheran gelieferten Grad-Raketen, "made in China", hielten die israelische Bevölkerung im Umkreis von vierzig Kilometern rund um den Gazastreifen drei Wochen lang in ständiger Alarmbereitschaft. Als "iranischen Terrorstützpunkt in unmittelbarer Nähe Israels", bezeichnete Israels Oppositionsführer Benjamin Netanjahu den Gazastreifen. Mit Geld, Waffen und der Ausbildung von Hamas-Männern im Nahkampf und Bombenbau sorge Teheran dafür, dass es im Gazastreifen und in seinem Umfeld keine Ruhe gibt.
Mit vereinter Kraft wollen die USA, Europa und Ägypten den Mullah-Lieferanten den Weg abschneiden, um den Waffenschmuggel zu unterbinden. Die Amerikaner versprechen Israel eine enge Kooperation der Nachrichtendienste. Die EU-Staaten stellen Schiffe zur Verfügung, aus Deutschland sollen Experten an die ägyptische Grenze geschickt werden und moderne Technik für die Suche nach den Tunnels zum Gazastreifen. Im Gespräch ist zudem die Stationierung internationaler Truppen. Auch Ägypten will die Anstrengungen im Grenzbereich intensivieren, fordert dazu allerdings eine Aufstockung der eigenen Truppen. Das wiederum würde, so gibt Israel zu bedenken, eine Abänderung der Friedensvereinbarungen zwischen den beiden Nachbarn voraussetzen.
Geht man jedoch davon aus, dass es sich bei den Gefechten zwischen der Hamas und Israel auch um einen Stellvertreterkrieg handelt, sind all diese Bemühungen reine Symptombekämpfung. "Der Iran hat ein Interesse daran, dass es hier brennt", sagt Motti Kedar vom Begin-Sadat Center for Strategic Studies in Tel Aviv. Zum einen wird "die Aufmerksamkeit der Welt von der iranischen Nuklearforschung abgelenkt", zum zweiten wird die "internationale Meinung gegen Israel eingenommen".
Der letzte israelische Soldat hatte den Gazastreifen kaum verlassen, schon meldete die Jerusalem Post: "Iran nimmt Rüstungslieferungen an die Hamas wieder auf." Und der reaktionäre israelische Parteichef von "Israel Beiteinu" Avigdor Liebermann warnt: "Die Raketen der Hamas werden innerhalb eines Jahres Tel Aviv erreichen."
Die Verbindung zwischen den palästinensischen Sunniten und den iranischen Schiiten funktioniert, weil beide das gleiche Ziel verfolgen, die Zerstörung Israels. Ihre Kooperation begann in den frühen 90er-Jahren. Damals schlug die palästinensische Politik zwei konträre Richtungen ein. Ab 1992 gab es die ersten offiziellen direkten Kontakte zwischen Israel und der PLO. Parallel dazu reiste Mussa Abu Marsuk, die heutige Nummer zwei im Politbüro der Hamas, nach Teheran, wo seine Bewegung noch im gleichen Jahr ein Büro eröffnete.
Mit den im Sommer 2000 gescheiterten Friedensgesprächen und dem anschließenden Beginn der Zweiten Intifada vertieften sich die Beziehungen. Die Hamas gewann für Teheran an strategischer Bedeutung, vor allem mit dem Wahlsieg im Januar 2006. Der internationale Boykott gegen die Hamas und die Blockade nach der gewaltsamen Machtübernahme im Gazastreifen ließ umgekehrt die palästinensischen Islamisten in zunehmende Abhängigkeit von Ahmedinedschad geraten.
Das US-amerikanische "Hudson-Institut" spricht von 30 Millionen Dollar pro Jahr, die Iran an Hamas zahlt. Ali Larijani, Chef des iranischen Nationalen Sicherheitsrats, soll sogar das Vierfache in Aussicht gestellt haben. Der iranischstämmige israelische Nahostexperte Meir Javedanfar wiederum vermutet, dass der wichtigste Teil der Unterstützung in Form von Waffen durch die Tunnels den Gazastreifen erreicht. "Mal ist die Rede von Geld in Koffern, die (Expremierminister) Ismail Hanijeh über die Grenze gebracht haben soll, mal gibt es Gerüchte über den Schmuggel von Bargeld. Wir kennen die genaue Summe nicht." Javedanfar vertritt die Ansicht, dass der eigentliche Kriegsgewinner in Teheran sitzt. "Die Gaza-Geschichte ist ein Geschenk für Ahmedinedschad, denn sie lenkt das iranische Volk von der eigenen Not ab."
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