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Archiv-Artikel

Der Kanzler der Hartzen

Trotz zahlreicher Proteste lehnt Bundeskanzler Schröder ein Einlenken bei der Arbeitsmarktreform ab. Er habe Verständnis für die Sorgen der Ostdeutschen, diese seien jedoch unbegründet

Von LKW

BERLIN taz ■ In seiner ersten Pressekonferenz nach der Sommerpause hat sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gestern erneut gegen die Kritik an seiner Reformpolitik verteidigt und Änderungen der Hartz-Gesetze abgelehnt. Die Regierung befinde sich in einer „Phase des Umsetzens und Erklärens“, sagte Schröder. Dies erfordere nun „alle Kraft“. Er habe seine Minister aufgefordert, noch stärker als bisher für beschlossene Reformen wie Hartz IV zu werben.

Schröder äußerte „Verständnis“ für die Menschen, die auf Demonstrationen vor allem in Ostdeutschland gegen die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe protestierten. Ihre Ängste seien jedoch unbegründet. Der eingeschlagene Kurs sei richtig und werde weiter „ohne Abstriche“ beibehalten.

„Wir machen das ja, um den Sozialstaat auch für künftige Generationen aufrechterhalten zu können“, erklärte Schröder. Mit Blick auf die schlechten Umfragewerte für die SPD sagte Schröder, das Problem sei die „zeitliche Kluft zwischen Maßnahmen, die jetzt beschlossen wurden, und den Ergebnissen“. Er sei aber „fest überzeugt“, dass die Wähler seine Politik honorieren würden, „am Ende, wenn abgerechnet wird“. Bei der Bundestagswahl 2006 fürchte er sich weder vor einer Gegenkandidatin Angela Merkel noch vor einem Gegenkandidaten Edmund Stoiber: „Ich nehme es, wie es kommt.“ Aktuellen Forderungen aus der SPD nach einem Sozialausgleichsprogramm für Hartz IV und einen Verzicht auf die Senkung des Spitzensteuersatzes 2005 erteilte der Kanzler eine Absage. Die Diskussion über staatlich festzusetzende Mindestlöhne sehe er „sehr zurückhaltend“. Er stellte nur eine Gesetzesänderung in Aussicht: Bei der im Zuge der Gesundheitsreform beschlossenen Zahnersatz-Zusatzversicherung sei er zu Verhandlungen mit der Union über Nachbesserungen bereit.

Die Kritik, spezielle Probleme in Ostdeutschland vernachlässigt zu haben, wies Schröder zurück. Von den knapp 10 Milliarden Euro, die für die Eingliederung von Arbeitslosen im Zuge der Hartz-Reform angesetzt seien, gingen rund 42 Prozent nach Ostdeutschland. Dass trotzdem gerade im Osten gegen die Reformen demonstriert wird, erklärte Schröder damit, dass sich ein Teil der Menschen in den neuen Ländern „nicht hinreichend wahrgenommen fühlt“. LKW

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