: Der Historiker - ein Ordnungspolitiker?
■ betr.: "Auschwitz und die Zahlen", taz vom 18.7.90
betr.: „Auschwitz und die Zahlen“ von Götz Aly, taz vom 18.7.90
Als schlichte Veröffentlichung von Fakten, über die sich Historiker in Fachkreisen längst verständigt haben, präsentierst Du nüchtern die neue „absolute Zahl der Opfer“ von Auschwitz. Warum läßt die Solidarnosc-Zeitung 'Gazeta Wyborcza‘ gerade jetzt die Untersuchungsergebnisse von Piper aus den Jahren 1980 bis 1986 verbreiten? Warum unterläßt Du jegliche Bewertung?
Daß eine Revision der Zahlen nichts ändert, ist nur aus der Elfenbeinturmperspektive feststellbar. Im Kontext von 'dpa' -Meldungen, die von der politischen Motivation der Zahlenforscher abstrahieren, geht so daß Gespür für die Opfer verloren.
Indem die Judenvernichtung unter dem Aspekt der „wertfreien“ Zahlen betrachtet wird, gelingt es, Geschichte als eine Summe von „Ergebnissen“ wahrzunehmen, mit denen sich dann „aufräumen“ läßt.
Kommentarlos läßt Du die 'dpa‘ Auschwitz als einen Historiker-Zahlen-Streit propagieren, während auf der gleichen Seite Helmut Kohl als Vollstrecker der „Vereinigung“ dargestellt wird, der „die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges revidiert“.
Seit wann machen Männer Geschichte?
Klaus-Michael Schmitz, Berlin 44
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