■ Der Flugzeugbauer Boeing muß EU-Auflagen erfüllen: Triumph der Kartellwächter
Der Vorhang schließt sich. Applaus! Er gebührt allein dem unscheinbaren Helden: EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert. Er hat einen glorreichen Sieg gegen den Schurken der Inszenierung Boeing/ McDonnell Douglas ausgefochten. Man darf gespannt sein, denn solche Theaterstücke werden demnächst öfter aufgeführt.
Noch bringt die Globalisierung mehr Markt, weil sie verkrustete nationale Strukturen aufbricht. Doch künftig wird das Publikum bedrohliche Megafusionen erleben, nur wird dem auf absehbare Zeit kein internationales Kartellamt gegenüberstehen, das Paroli bieten kann. Wenn also eine regionale Kartellbehörde, in diesem Fall die der EU, den heimischen Markt durch eine ferne Fusion, in diesem Fall in den USA, bedroht sieht, dann helfen nur noch Drohungen mit Strafen für die Kunden und einem Handelskrieg. Wirklich glaubhaft können das zur Zeit allerdings nur die EU, die Vereinigten Staaten und Japan – alle anderen Staaten werden es schwer haben, ihre Märkte zu schützen.
Die Forderungen von van Miert an Boeing waren berechtigt – zu allmächtig wäre der Flugzeugbauer ohne die Auflagen geworden. Durch seine geschickte Inszenierung brachte er Boeing dazu, per Fax im letzten Moment auf alle Forderungen der EU einzugehen. Clinton war bereit, aber offenbar war vor allem Boeing an einem Handelskrieg nicht gelegen.
Doch die Empörung vieler US-Politiker über die hohen Anforderungen van Mierts waren nicht ungerechtfertigt: Schließlich ist der Boeing-Konkurrent Airbus nicht zuletzt durch massive Staatssubventionen groß geworden. Vor fünf Jahren hätte das ebenfalls beinahe zum Handelskrieg geführt – mit umgekehrten Vorzeichen. Auch damals war es Boeings Angst um europäische Kunden, die sie einem schwachen Kompromiß zustimmen ließ. Danach darf noch immer jede Airbus-Entwicklung zu einem Drittel staatlich subventioniert werden. Und es sollte nicht vergessen werden, daß auch die deutsche Beteiligte im Airbus-Konsortium, die Dasa, aus einer Fusion hervorging, die von der Bundesregierung gegen das eigene Kartellamt durchgesetzt worden war. So richtig die Einwände gegen die Boeing-Fusion sind, so sehr ist doch auch klar, daß die EU an eigene Konzernkonzentrationen nicht dieselben scharfen Maßstäbe anlegen würde. Das zeigt auch der nächste anrollende Theaterdonner: diesmal um die strategische Allianz von British Airways und American Airlines. Hier steht die EU nicht nur gegen die USA, die schon zugestimmt haben, sondern auch gegen das britische Kartellamt. Matthias Urbach
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