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Der Fachhochschultraum: fifty-fifty

■ FH-Präsident Rolf Dalheimer plädiert für einen Abbau der Uni zugunsten der Fachhochschule

Rückenwind für Leo Hajen: Fachhochschulpräsident Rolf Dalheimer plädiert für eine Umverteilung von Studienkapazität zu Gunsten seiner Institution. „Die Universitäten haben nicht auf die Herausforderung reagiert, große Zahlen von Studenten auszubilden“, sagte Dalheimer in einem Gespräch mit der taz. Es sei verfehlt, alle diese jungen Menschen unter dem Humboltschen Gesichtspunkt zu Akademikern machen zu wollen.

„Viele Unis haben nicht begriffen, daß sie Berufsausbildung betreiben“. Von daher sei es wünschenswert, das Verhältnis von Fachhochschule zu Universität zu verändern. Heute gibt es rund 15.000 Studierende an der FH und 45.000 an der Uni. Dem FH-Präsidenten schwebt eine Verhältnis von 40 zu 60, langfristig sogar von 50 zu 50 Prozent vor.

Entscheidendes Argument sei auch die hohe Zahl von Studienabbrechern an der Universität. Die FH biete eine gute Ausbildung in überschaubarer Zeit. „Keiner muß in acht Semestern fertig werden. Aber er soll die Chance dazu erhalten“.

Probleme mit der „Studierbarkeit“ einzelner Fächer gibt es freilich auch an der FH. Drum schwebt auch Dalheimer vor, die Lehrpläne zu reduzieren, die Zahl der Semesterwochenstunden von derzeit 30 auf 25 zu verkürzen und das Studium in ein zweisemestriges Grundlagenstudium, ein Hauptstudium und eine Prüfungsphase dreizuteilen. „Der Vorwurf ,verschultes Studium', der trifft mich nicht“, sagt der FH-Präsident. „Wir tun den Studenten keinen Gefallen, wenn wir sagen, sie könnten studieren, wie sie wollen“.

Auch an der FH ist nicht alles Gold, was glänzt, gibt es Fachbereiche mit sehr hohen Abbrecherquoten. Mit einem „Kennzahlsystem“ soll daher die Zahl der Anfänger, die Dauer des Studiums und Zahl der Absolventen verglichen werden. Dalheimer will bis Ende des Jahres ein „Anreizsystem“ entwickeln: „Fachbereiche, die darin gut abschneiden, bekommen mehr Mittel zugewiesen“.

Stichwort Geld: Nicht nur die Uni, auch die Fachhochschule hat in den letzten zehn Jahren gelitten. Bei gleichbleibender Professorenzahl wurde die Studentenzahl um 46 Prozent erhöht. Und weil zwei Millionen Mark des vom Bund finanzierten Hochschulsonderprogrammes 1995 wegfallen, wird die FH ihr Abendstudium streichen. Doch in der jüngsten Sparrunde für 1995 hat Senator Hajen die FH zum „Schonbereich“ erklärt.

So sieht es danach aus, als könne die FH ihr eigenes, im vorigen Dezember verabschiedetes Strukturentwicklungskonzept auch umsetzen. So soll das Fächerspektrum durch die neuen Studiengänge „Gesundheit und Pflege“ und „Außenwirtschaft“ mit je 400 Studienplätzen erweitert werden. Finanziert durch interne Umschichtungen: „indem wir dort, wo Bewerberzahlen rückläufig sind, Stellen streichen“ (Dalheimer). Für den bereits eingerichteten Studiengang „Technische Betriebswirtschaftslehre“ bekommt die FH 14 Stellen von der Universität.

Die Pläne wurden von der Wissenschaftbehörde für gut befunden, der FH-Chef könnte eigentlich zufrieden sein, bekommt er doch seinerseits Rückenwind von Hajen. Wären da nicht drei Dinge. Zum Beispiel könnte die prekäre Haushaltslage 1996 zur Aufhebung der „Schonung“ führen. Zweitens: Das Öffentliche Dienstrecht stuft FH-Absolventen drei Stufen niedriger als Uni-Absolventen ein. Auch wenn die Studienbedingungen an der „großen“ Uni miserabel sind, auf Karriere bedachte junge Leute ziehen sie vor. Dalheimer sieht hierin das „Hindernis einer Studienreform“. Drittens: Ähnlich wie die Flügelbauten der Uni wünscht sich auch die FH ein zentrales Gebäude. Architektenpläne, Grundstück am Berliner Tor und ein Finanzierungsmodell, das auf Investoren baut, liegen schon vor. Dalheimer: „1996 den Grundstein legen und 1998 fertig sein, das wäre mein Traum“. Wer weiß, 1995 hat die FH 25jähriges Jubiläum.

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