piwik no script img

Der Druck auf Waldheim wächst

■ Neue Dokumente aus dem Belgrader Militärarchiv weisen auf Waldheims Verwicklung in großangelegten „Säuberungs“–Aktionen hin / Wiens Bürgermeister: Waldheim–Rücktritt denkbar

Hamburg / Wien (afp) - Österreichs Bundespräsident Waldheim soll von Juni bis August 1942 mit seiner Einheit direkt an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen sein. Dies berichtete der stern in einem vorab veröffentlichten Auszug der Ausgabe vom Donnerstag. Bislang unbekannte Dokumente aus dem Belgrader Militärarchiv bewiesen, daß Waldheims Abteilung des deutschen Führungsstabes für die Einrichtung von Gefangenenlagern, für die Selektion von Gefangenen zur Zwangsarbeit und - als vorgesetzte Dienststelle der Feldgendarmerie - auch für die Hinrichtung von Gefangenen verantwortlich gewesen sein soll. Der Bundespräsident hatte von Anfang Juni bis Ende August 1942 als 23jähriger Leutnant in der Ver sorgungs–Abteilung der Kampfgruppe Westbosnien gedient. Aufgabe dieses deutsch–kroatischen Truppenverbandes sei es gewesen, die Region Kozara „zu säubern und zu befrieden“. Die jugoslawischen „Partisanen und solche Personen, die diesen Hilfe leisten, sind nach Verhör durch die Truppe zu erschießen ... alle männlichen Personen über 14 Jahre sind festzunehmen und in Sammellager abzuführen“, zitiert der stern. Nach Abschluß der „Operation Kozara“ sei Waldheim mit dem zweithöchsten kroatischen Orden, dem „silbernen Zvonimir mit Eichenlaub“, ausgezeichnet worden. Sein Vorgesetzter dagegen sei leer ausgegangen. Waldheim sagt dazu, er habe lediglich „Büroaufgaben sowie die Entgegennahme und Bearbeitung des Versorgungsbedarfs zu erledigen gehabt.“ Der Wiener Bürgermeister Helmut Zilk erklärte, ein Rücktritt wäre angemessen, „wenn die bekanntgewordenen Tatsachen oder Fakten derart sind, daß sie die Glaubwürdigkeit einer Person so ernstlich in Frage stellen, daß diese Person als moralische Autorität nicht mehr fungieren kann“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen