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Der Charme einer Bahnhofshalle

■ Hamburg feiert Stahlkonstruktion am Flughafen 

Wer schlau ist und publicity-süchtig und dazu auch noch das nötige Kleingeld hat, der sucht sich geschwind den Linienflug aus, der am Mittwoch als erster in Hamburg landet. Vielleicht gebührt ihm dann ja die „historische Ehre“, erster Fluggast im neuen „Terminal 4“ zu sein. Denn in diesen Tagen wird in Hamburg wieder mal die Huldigung eines Neubaus zum mehrtägigen Volksfest erklärt.

Die an die Form eines Flügels angelehnte Stahlkonstruktion des Architekturbüros Gerkan, Marg und Partner hat Aufmerksamkeit auch verdient. Die sieben Stahlträger, die die Halle überspannen (architekturdeutsch: „Fachwerkbinder“), werden von zwölf Stahlstützen getragen, deren elegante Träger sich wie Finger spreizen, die wiederum rundlich geformt und matt silbern beschichtet sind, so daß man sie fast streicheln möchte.

101 Meter lang, 75 Meter breit und 39 Meter hoch ist die neue Halle, auf die der Begriff „Terminal“ so gar nicht zu passen scheint. Das Dach ist so großzügig mit Oberlichtern ausgestattet, daß tagsüber auf Kunstlicht ganz verzichtet werden kann. Wie die Architekten selbst schreiben, soll das Bauwerk an die Tradition der großen Bahnhofshallen erinnern, mit der miefigen Atmosphäre der benachbarten Abflughallen 2 und 3 und der Charterhalle für Pauschaltouristen ist es nicht zu vergleichen.

450 Millionen Mark hat die Flughafen Hamburg GmbH in die Erneuerung der Abfertigungsanlagen investiert, 320 Millionen Mark kostet allein die neue Halle. Damit sei man gewappnet für die erwarteten 10 Millionen Fluggäste per anno im Jahr 2000, 3 Millionen mehr als jetzt – ökologischen Bedenken zum trotz.

Und es geht alles immer reibungsloser. Eine Pkw-Vorfahrt auf gleicher Ebene, eine computergesteuerte Gepäckanlage und nicht zuletzt die neue 500 Meter lange Fluggast-Pier, von der die Passagiere über elf „Finger“ direkt ins Flugzeug steigen können, sollen für optimale Bequemlichkeit sorgen.

Der einfache Besichtiger hatte gestern noch viel Mühe. Den Zugang zur neuen Aussichts-Plattform auf dem Dach der Fluggast-Pier zum Beispiel muß dieser treppauf, treppab recht lange suchen. Die Pier wurde der alten Aussichts-Plattform einfach vor die Nase gesetzt, so daß diese ihre Funktion nicht mehr erfüllt. Zusammen mit dem dazugehörigen „Terminal 2“, dem ursprünglichen Hamburger Flughafen, harrt sie der Entscheidung, ob Abriß oder nicht. Kaija Kutter

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