■ Der Bursche aus Arkansas und die „Baseball-Frage“: Kein Homerun für Clinton
Helmut Kohl erläßt ein Gesetz, daß Boris Becker fortan regelmäßig im Davis-Cup spielen muß, Edmund Stoiber entzieht Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni einfach die Ausreiseerlaubnis nach Italien, und Eberhard Diepgen dekretiert, daß Berlin ein für allemal die Olympischen Spiele des Jahres 2000 ausrichtet, ganz egal, was Samaranch und sein blödes IOC dazu meinen. Wie einfach könnten doch die wahrhaft wichtigen Probleme dieser Welt gelöst werden, wenn sich alle Politiker ein Beispiel am US-amerikanischen Präsidentenpaar nehmen würden.
Durch die republikanische Dominanz im Kongreß an der sinnvollen Beschäftigung mit solchen Lappalien wie Gesundheitsreform, Steuerpolitik, Haushalt oder Mindestlohn gehindert, wenden sich die Clintons jenen Dingen zu, die das Volk am nachhaltigsten bewegen. Hillary kämpft für die Sesamstraße und Bill setzt sich mit der ihm eigenen Entschlossenheit dafür ein, daß endlich wieder Baseball gespielt wird. Nichts zu regieren, und dann nicht mal die Baltimore Orioles im Fernsehen, das ist einfach zuviel für einen einfachen Burschen aus Arkansas.
„Ich bin der Präsident“, fiel dem „First Baseball- Fan“ des Landes da ein, „ich muß etwas tun.“ In einer Woche sollten mit der Eröffnung der Trainingscamps die Vorbereitungen für die neue Saison beginnen, doch ein Ende des mittlerweile acht Monate dauernden Arbeitskampfes ist nicht abzusehen. Dabei geht es, das hat Bill Clinton scharfsinnig erkannt, lediglich darum, daß „ein paar hundert Leute versuchen herauszufinden, wie sie zwei Milliarden Dollar verteilen sollen“. Kinderkram für einen wie Clinton.
Die Streithähne wurden ins Weiße Haus bestellt, wo ihnen der Präsident in einer fünfstündigen Unterredung klarzumachen suchte, „daß sie gefälligst Ball spielen sollen“. Doch die Rangen blieben bockig und nun droht Clinton, per Gesetz ein Schiedsgericht einzurichten, dessen Entscheidung bindend wäre. Zur Verabschiedung seiner „Lex Homerun“ bräuchte er aber wiederum Newt Gingrichs Republikaner, die zwar auch gern Baseball sehen möchten, aber nicht mal dann für Clinton stimmen würden, wenn der eine Steuerbefreiung für sämtliche Newtoids vorschlüge. „Konflikte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelöst werden“, erklärte John A. Boehner, vierthöchster Republikaner im Kongreß, kategorisch. Das sei im übrigen auch die Meinung des „Newt King“.
Wie es aussieht, ist im Augenblick die Chance, daß der Vorschlag von Sonny Bono („I Got You Babe“), alle bedrohten Tierarten an einem Ort zusammenzutreiben und in die Luft zu sprengen, verwirklicht wird, größer als die, daß diesen Sommer in der Major League Baseball gespielt wird. Matti Lieske
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen