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Der Bundesrat segnet neuen Ladenschluß ab

■ Weiter billigte die Länderkammer eine Erhöhung der Gebühren für Ausweise und Pässe, die Sozialhilferegelung, die Bafög-Novelle und ein Altersteilzeit-Gesetz

Bonn (dpa) – Die Lockerung des Ladenschlußgesetzes ist perfekt. Geschäfte in Deutschland dürfen ab dem 1. November an Werktagen bis 20 Uhr und an jedem Samstag bis 16 Uhr öffnen. Der Bundesrat ließ dieses Gesetz gestern ohne Aussprache passieren. Für einen Einspruch kam entgegen früherer Ankündigungen der SPD keine Mehrheit der Länder zustande. Das Gesetz kann damit in Kraft treten.

Wirtschaftsminister Rexrodt (FDP), der nach seiner Malariaerkrankung gestern die Intensivstation im Berliner Virchow-Krankenhaus verlassen konnte, sprach von einem „wichtigen Symbol für Reformfähigkeit“. Nun sei der Weg frei für kundenfreundlichere Öffnungszeiten und neue Beschäftigungschancen im Einzelhandel. Bereits vor der Sitzung war in Probeabstimmungen deutlich geworden, daß die SPD-regierten Länder die nötige Mehrheit von 35 der 69 Stimmen in der Länderkammer nicht erreichen. Den Ausschlag hatte dabei Hamburg gegeben, dessen SPD wegen der Koalition mit der Statt Partei nicht für einen Einspruch stimmte.

Mehrere SPD-regierte Länder hatten die Anrufung des Vermittlungsausschusses beantragt, weil die Belange der Beschäftigten bei der Liberalisierung zu kurz kämen. SPD und Grüne befürchten vor allem eine Ausweitung der 590- Mark-Jobs. Der Bundesrat forderte die Bundesregierung nun in einer Entschließung auf, solche Beschäftigungsverhältnisse auf wenige Ausnahmen zu begrenzen.

Personalausweise und Reisepässe werden teurer. Der Bundesrat billigte gestern eine entsprechende gesetzliche Neuregelung, die er selbst gefordert hatte. Danach werden die Gebühren für den Ausweis von zehn auf 15 Mark und für den Paß von 30 auf 50 Mark angehoben. Begründet wird dies mit den gestiegenen Kosten, die den Kommunen von der Bundesdruckerei in Rechnung gestellt werden.

Auch das umstrittene Gesetz zur Sozialhilfe kann in Kraft treten. Der Bundesrat stimmte dem Vermittlungsergebnis zu. In der Sozialhilfe werden die Regelsätze im laufenden Jahr um ein Prozent erhöht, in den nächsten beiden Jahren wird ihr Anstieg an die Entwicklung der Nettoeinkommen gekoppelt. Sozialhilfeempfängern, die zumutbare Arbeit ablehnen, wird der Regelsatz unverbindlich um mindestens 25 Prozent gekürzt.

Mit der Zustimmung zum Bafög-Kompromiß machte der Bundesrat den Weg für eine Neuordnung der Ausbildungsförderung bis 1998 frei. Danach wird zwar bis zum Herbst das Bafög nicht erhöht, dafür bleibt es aber innerhalb der Regelstudienzeit zinsfrei. Die Elternfreibeträge werden um zwei Prozent erhöht.

Gebilligt wurde auch das Gesetz zur Altersteilzeit, wonach Arbeitnehmer ab 55 Jahre ihre Arbeitszeit künftig um die Hälfte vermindern können und dafür 70 Prozent ihres früheren Lohnes bekommen.

Die von den Tarifparteien der Baubranche vereinbarten Mindestlöhne sollen nach dem Willen der Länderkammer durch Rechtsverordnung des Arbeitsministeriums in Kraft gesetzt werden.

Grünes Licht gab der Bundesrat für den weiteren Ausbau der Windenergie. Windkraftanlagen können ab 1997 bevorzugt gebaut werden. Die Ländermehrheit stimmte auch weiteren Regelungen zum neuen Abfallrecht zu, die ab Oktober in Kraft treten.

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