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■ Der „Balkan-Stabilitätspakt“ taugt nur, wenn klar ist, wer zahltSpät, aber nicht zu spät

150 Milliarden US-Dollar – diese stolze Summe gab die internationale Gemeinschaft nach konservativen Expertenschätzungen von 1991 bis 1998 aus, um die innerjugoslawischen Zerfallskonflikte zu befrieden und den Opfern zu helfen. Zu gut 80 Prozent wurde dieser Betrag von den SteuerzahlerInnen Westeuropas und der USA aufgebracht. In dieser Summe enthalten sind die Kosten für die Stationierung von UNO-Truppen in Kroatien, Bosnien und Makedonien; Diplomatenreisen; die humanitäre Versorgung jahrelang eingeschlossener Menschen in Sarajevo und anderen Städten; die Beherbergung von Flüchtlingen (in Deutschland allein 18 Mrd. Mark für zeitweise knapp 400.000 Bosnien-Flüchtlinge); das Den Haager Kriegsverbrechertribunal; und schließlich das einmonatige Nato-Bombardement bosnisch-serbischer Stellungen im Herbst 1995. Dazu kommen die Ausgaben für den Wiederaufbau in Bosnien seit dem Dayton-Abkommen und der kostspielige Nato-Luftkrieg gegen Restjugoslawien.

150 Mrd. US-Dollar – mit dieser Summe hätten Westeuropa und die USA ab 1989 einen Stabilitätspakt oder Marshallplan nicht nur für die Bundesrepublik Jugoslawien finanzieren können, sondern für die gesamte Balkanregion. Klug und rechtzeitig eingesetzt, hätte sich so der jugoslawische Zerfallsprozeß – zumindest aber seine blutige Eskalation – vielleicht verhindern lassen. Man hätte strukturschwache Regionen unterstützen und so wirtschaftliche Spannungen verringern können, man hätte nicht-nationalistische Kräfte und den Aufbau demokratischer Institutionen fördern können.

Jetzt, zehn Jahre, vier Kriege, 250.000 Tote und vier Millionen Vertriebene später steht das Vorhaben „Stabilitätspakt für Südosteuropa“ endlich auf der Tagesordnung. Später ist nicht zu spät. Und es ist auch richtig, den Stabilitätspakt schon vorzubereiten, noch bevor absehbar ist, ob und wann der serbische Vertreibungskrieg gegen die Kosovo-Albaner und der Nato-Luftkrieg gegen Restjugoslawien beendet werden. Selbst auf das Risiko hin, daß am Ende des Krieges höchst ungünstige Bedingungen (z. B. die Teilung Kosovos) für diesen Pakt stehen könnten.

Der „Stabilitätspakt für Südosteuropa“ wird seit gestern auf einer ersten diplomatischen Konferenz in Bonn vorbereitet. Initiiert hat ihn wesentlich das deutsche Außenministerium. Doch wie glaubwürdig ist dieses Unternehmen? Geht es darum, davon abzulenken, daß die Nato sich im Kosovo in eine Sackgasse manövriert hat? Die kriegsführenden Regierungen von wachsender innenpolitischer Kritik zu entlasten? Oder um mehr?

Wesentliches Indiz zur Beantwortung dieser Frage ist, wie konkret und offen über die Kosten gesprochen wird. Dieser Pakt mit dem offiziell erklärten Ziel, „nach dem Ende des Kosovo-Krieges die historisch bedingten Spaltungen und Konflikte in der Region zu bewältigen“ sowie „dauerhaften Frieden, Prosperität und Stabilität zu schaffen“, ist nicht aus der Portokasse zu bezahlen. Ein solcher Pakt wird noch einmal 150 Mrd. Dollar kosten, vielleicht mehr.

Auch wenn sich diese Summe mindestens auf die nächsten zehn Jahre verteilen wird – diese Gelder werden nur fließen, wenn schon jetzt klar ist, wer wieviel bezahlt. Nur wenn die Regierungen Westeuropas und der USA – trotz meist leerer Kassen – ihren eigenen WählerInnen und SteuerzahlerInnen erklären, daß der „Stabilitätspakt für Südosteuropa“ politische und finanzielle Priorität haben muß, gibt es eine Chance für seine Umsetzung. Die Regierungen können dabei argumentieren, daß ohne diesen Pakt Völkermord, Vertreibung und Krieg auf dem Balkan wahrscheinlich weitergehen werden. Und auch das ist teuer – siehe die Erfahrungen seit 1991.

Doch bislang wurde die Frage, wer was bezahlt, ausgespart. Zudem wurde die in früheren Entwürfen für den Pakt deutliche Perspektive eines EU-Beitritts für die südosteuropäischen Staaten auf Betreiben Frankreichs wieder abgeschwächt. Bleibt es dabei, wird von dem „Stabilitätspakt“ kaum das dringend nötige, glaubwürdige Signal für die Region ausgehen. Und nur ein solches Signal böte endlich eine positive Alternative zu den nationalistischen Irrwegen ihrer jeweiligen Führer. Voraussetzung dafür wäre – vor allem in Serbien –, daß Wiederaufbauhilfe und politische Integrationsangebote nicht von einer vorherigen Demokratisierung abhängig gemacht werden. Diese Strategie ist seit 1995 in der serbischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowinas gescheitert. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Wiederaufbauhilfe und politische Integration sind Voraussetzung für die Demokratisierung. Das zeigt nicht zuletzt die Entwicklung Westdeutschlands nach 1945. Andreas Zumach

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