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Archiv-Artikel

Der Appell! Sparen nicht um jeden Preis

Die Einsparungen des Landes, zunehmend auch der Kommunen, treffen die freien und gemeinnützigen Einrichtungen und Institutionen in ihrer Existenz. Solche Einrichtungen sind schon jetzt mit nur geringen finanziellen Mitteln ausgerüstet. Sie werden aber mit viel persönlichen Engagement getragen und sehen sich in ihrem Selbstverständnis dem öffentlichen Kultur- und Bildungsauftrag gegenüber verpflichtet. Die dramatischen Einsparungen des Landes betreffen alle Politikbereiche: Jugend- und Kindereinrichtungen, Frauenberatungsstellen, Theater, Landesbüros, Projekt- und Festivalförderungen, Freie Schulen, etc.. Teilweise sollen die bisherigen Förderansätze um bis zu 50 Prozent gekürzt werden. Die Folgen für die betroffenen Institutionen und deren Klientel sind verheerend. Die Landesregierung hat angekündigt, nicht nach der Rasenmähermethode vorzugehen, sondern Schwerpunkte zu setzen. Doch dieses „Versprechen“ wird nicht umgesetzt werden.

Wie sehen die Folgen aus? Auch kleinere Kürzungsbeträge der institutionellen wie auch der projektorientierten Förderung gefährden den ohnehin schon fragilen Finanzierungssockel freier-gemeinnütziger Kultur-, Bildungs-, Jugend- und Sozialeinrichtungen. Sie tragen in unverhältnismäßig hohem Maße dazu bei, die Eigenfinanzierungsmöglichkeiten massiv zu beschneiden. Darüber hinaus sind Tausende, der seit Jahren mühsam geschaffenen Arbeitplätze in diesen Bereichen gefährdet. Die sozialen Folgekosten der daraus entstehenden drohenden Arbeitslosigkeit sind weitaus höher als die geplanten Einsparungen.

Bildung, Kultur, die Kinder- und Jugendförderung sowie die sozialen Dienste und Netzwerke sind notwendig, um die zivile Gesellschaft zusammenzuhalten, auszubauen und bürgerschaftliches Engagement zu mobilisieren. Der wichtigste Rohstoff, über den NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland verfügt, sind seine Menschen. Mehr als alles andere entscheidet deren Intelligenz, Kreativität und Bildung über die Zukunft unseres Landes. Die bisherigen Zuwendungen in den verschiedensten Bereichen sind als notwendige Investitionen für das Land NRW anzusehen, genau so wie die Wirtschaftsförderung oder die immer noch hochsubventionierte Kohleförderung. Das Land darf sich nicht aus seiner Mitverantwortung dafür herausstehlen und die gewachsene kulturelle und soziale Infrastruktur stillschweigend nur den Kräften des Marktes überlassen - mit fatalen Folgen für die Zukunft, die wir Kulturschaffende uns kaum ausmalen möchten.

Die Reformen (Hartz und Steuerreformen), die jetzt auf Bundesebene beschlossen worden sind, tun ihr übriges dazu und verstärken die soziale Schieflage in dieser Gesellschaft. Diese Gesetze und Einsparvorhaben belasten zusätzlich die Gemeinden vor Ort und verstärken die beschriebenen gesellschaftlichen Trends. Wir fordern daher: - Die Rücknahme der geplanten Kürzungen in den Bereichen Kultur, Bildung, Kinder- und Jugend, Soziales und Gesundheitsvorsorge und die Einstellung der Förderansätze auf den bisherigen Stand. - Die öffentliche Förderung in den o.g. Bereichen sind als Investitionen in den Bildungs- und Kulturstandort NRW sowie in die Entwicklung und den Ausbau einer gerechten und solidarischen Zivilgesellschaft gleichberechtigt neben anderen Investitionen zu betrachten. - Alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte des Landes sind aufgefordert, die Finanzierung aller notwendigen öffentlichen Aufgaben sicherzustellen.

RAINER BODE

UND JOHANNES BRACKMANN

Die Autoren sind im Vorstand der LAG Soziokultur. Sie gehören zu den Erstunterzeichnern eines Appels an die NRW-Landesregierung, die Kulturkürzungen zurückzunehmen.

www.soziokultur-nrw.de