■ Den Haag: Makabre Demonstration von Antisemiten: Pitbulls mit Davidstern
Den Haag (taz) – Ganz besonderen Geschmack bewiesen dieser Tage niederländische Hundebesitzer. Auf dem sogenannten „Binnenhof“ zwischen den Parlamentskammern im Regierungssitz Den Haag, wo ansonsten etwa Bauern protesthalber Mist abladen, zogen rund 300 Pitbull-Halter das, was sie für einen historischen Vergleich halten. Die Pitbull-Freunde hatten etlichen der rund 150 anwesenden Beißkläffer die gleiche Plakette umgehängt, die Europas Juden vor dem Gang in die Gaskammern tragen mußten.
Anlaß ist ein neues Pitbull-Gesetz der Regierung, das in den nächsten Wochen in Kraft treten soll. Den beißwütigen Kampfhunden droht – je nach Geschlecht – Kastration oder Sterilisation. Wie anderen Ortes auch, waren die Pitbulls in den Niederlanden vor allem dadurch aufgefallen, daß sie Menschen schmerzhafte bis tödliche Verletzungen zufügten. Tierärzte aus Groningen bezeichneten die Hunde als „aggressiv im Charakter“, weshalb man ihnen nicht vertrauen könne. Dr. Gerd van Oortmerssen: „Normalerweise sind es ja liebe Tiere, aber wenn sie sich gestört fühlen, dann verlieren sie alle Bremsen.“ Der Tierdoktor aus Groningen hält die Maßnahmen der Regierung deshalb für richtig.
Die Pitbull-Besitzer denken da jedoch ganz anders. Einige der besonders militanten Beißhunde- Fans trugen Schilder mit der Aufschrift: „Die Pitbull-Verfolgung ist schlimmer als die Judenverfolgung.“ Kurz vor dem Ende der makabren Veranstaltung warf einer von ihnen einen Sack voller Davidsterne unter die Leute. Dankend griffen die Hundebesitzer zu und hefteten die Dinger prompt ihren Kötern an. Das wird Folgen haben. Die Polizei, die angeblich nicht eingriff, um „die Situation nicht zu verschlimmern“, wird den Vorfall untersuchen müssen. Die Justizbehörden in Den Haag kündigten das nach ersten Zeitungsberichten an. Die „Bewegung gegen Antisemitismus“ erwägt Klage.
Doch das ist nicht der einzige ernsthafte antisemitische Zwischenfall in den Niederlanden. Unlängst mußte die Polizei vor dem Fußballspiel Ajax Amsterdam gegen den FC Utrecht Sonderzüge aus Utrecht zurückschicken, weil mehrere hundert „Schlachtenbummler“ auf der halbstündigen Fahrt antisemitische Hetzlieder grölten. Ajax Amsterdam gilt in den Niederlanden als „Club der Juden“, weil die eigentliche Hauptstadt des Königreiches ihren Aufstieg, Bedeutung und Reichtum wesentlich auch den jüdischen Amsterdamern verdankt. Falk Madeja
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