Demotourismus am 1. Mai in Berlin: „Ich hatt’s mir krasser vorgestellt“
Felix K. studiert in München Ethnologie. Am 1. Mai war er auf dem Myfest in Kreuzberg. Ein Gespräch über unerfüllte Erwartungen.
taz: Felix, wie ist es dir am 1. Mai in Kreuzberg ergangen?
Felix K. *: Ich hatte gedacht, dass das Myfest eine politische Veranstaltung ist. Dass man die Party suchen muss. Aber es war genau umgekehrt. Es war eine Riesenparty, die politischen Veranstaltungen musste man suchen.
Bist du enttäuscht?
Nö. Ich hatte einen sehr schönen Tag. Aber es war sehr voll. Zum Teil auch zu voll, vor den Bühnen ging zum Teil gar nichts mehr.
Bei unserem Interview vor dem 1. Mai hast du gesagt, du willst zur Demo.
Ja, das hatte ich vor. Aber ich hab’s nicht geschafft.
Woran lag es?
Die Demo habe ich nicht gefunden. Dann habe ich getanzt und die Zeit vergessen. Später am Abend habe ich viele Hundertschaften und auch ein paar Leute vom schwarzen Block gesehen. Ich habe Böller gehört und Polizisten rennen sehen. Das war alles. Ich hatt’s mir krasser vorgestellt: Viel mehr Demonstranten als Partymacher. Gefühlt war das ja ein Verhältnis von 1:100.
Was ist aus deinem Plan geworden, mit einem Autonomen ins Gespräch zu kommen?
Auch das hat nicht geklappt. Vielleicht versuche ich es nächstes Jahr noch mal. Dann würde ich auch noch mal schauen, dass ich zur Demo finde.
Letzte Frage: Wo bist du pinkeln gegangen?
Einmal habe ich neben den Görli gepisst. Sonst bin ich immer bei einer Freundin aufs Klo gegangen. Die wohnt in der Nähe.
Wirklich?
Wirklich. Ich bin da dreimal hingelaufen. Aber insgesamt fand ich, es war relativ zivilisiert. Es gab da eine Ecke, da haben alle hingepisst. Zwischen den Menschen wurde nicht so viel uriniert.
Am 30. April hatten wir Felix K. (*Name geändert) nach den Erwartungen für den 1. Mai befragt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!