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Demokratie soll Schule machen

■ Im Entwurf für ein neues Schulgesetz wird Mitbestimmung großgeschrieben Von Patricia Faller

Zeitgemäßer, demokratischer und profilierter sollen Hamburgs Schulen künftig werden. Die Grundlage dafür stellte Schulsenatorin Rosemarie Raab gestern in einem Referentenentwurf für ein neues hamburgweites Schulgesetz vor. Noch vor der Sommerpause soll die Bürgerschaft darüber entscheiden.

Als wichtigste Neuerung bezeichnete die Schulsenatorin die stärkeren Mitwirkungsrechte von SchülerInnen und Eltern. Wenn es beispielsweise um besondere Schwerpunkte der pädagogischen Arbeit oder über die Verwendung der Personal- und Sachmittel geht, dürfen sie via drittelparitätisch besetzter Schulkonferenz mitentscheiden. „Klagen über das Desinteresse der Eltern und Schüler können nicht dadurch beseitigt werden, daß man ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten einschränkt“, hielt Raab den Kritikern entgegen. Mehr Rechte seien auch ein Anreiz für mehr Beteiligung.

Nach wie vor soll die LehrerInnen-Konferenz die Beschlußvorlagen für alle pädagogisch relevanten Entscheidungen erarbeiten, und sie hat ein Beanstandungsrecht. Inhalte und pädagogische Schwerpunkte sollen über Bildungspläne und Schulprogramme, die den Schulen auch eine stärkere Profilbildung ermöglichen, festgelegt werden.

Entstanden ist das neue Papier in einem demokratischen Prozeß, der Schule machen sollte. Denn alle durften mitreden: SchülerInnen, Eltern, LehrerInnen, Gewerkschaften sowie andere Institutionen und Verbände. Rund 1200 Stellungnahmen verarbeiteten die MitarbeiterInnen der Schulbehörde zu einem Papier, von dem die Behörden-Chefin überzeugt ist, daß es konsensfähig ist – auch wenn sich die Interessen von Eltern, Schüler- und LehrerInnen nicht immer deckten. Einig waren sich diese aber darin, daß es eher schade, wenn KlassensprecherInnen und Eltern uneingeschränkt an Zeugniskonferenzen teilnehmen. Deshalb sollen sie nach dem Referentenentwurf bei den abschließenden Beratungen über Zeugnisnoten nicht dabeisein.

Ob dagegen künftig Noten- oder Berichtszeugnissse erteilt werden sollen, wird in dem Schulgesetz noch nicht festgelegt. Anders als bisher sollen aber auch in den fünften und sechsten Klassen Lernentwicklungsberichte statt Noten der Bewertung dienen können. Erstmals wird die Integration von behinderten und nichtbehinderten SchülerInnen als schulische Aufgabe gesetzlich verankert.

GAL-Schulexperte Kurt Edler schrieb der Senatorin für den Entwurf die Note 2 ins Zeugnis: „Er ebnet den Weg zu mehr pädagogischer Initiative und zu größerer demokratischer Transparenz in der Schule.“ Auch die beiden Lehrergewerkschaften Deutscher Lehrerverband und GEW zeigen sich zufrieden mit dem Werk. GEW-Chef Hans-Peter de Lorent sieht nur einen Haken: „Die Wirkung des Gesetzentwurfs wird an der politischen Praxis gemessen. Gerade in diesem Jahr scheitern große Absichten an den Ressourcen.“

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