Demokratie auf Kiezebene: Ein Viertel kommt zusammen
In Lichtenberg hat sich eine Bürgerinitiative gegründet. Organisiert wurde sie von vier Menschen, die bundesweit lokale Versammlungen gründen wollen.
Höyng war zuvor in der Klimabewegung aktiv, zuletzt bei der Letzten Generation. Zschutschke packte die Motivation, als er im vergangenen Jahr an einer der großen Demonstrationen gegen rechts teilnahm: „Demonstrieren alleine, das reicht nicht aus“, sagt Zschutschke zur taz. „Wir wollten den demokratischen Prozess von der Basis her aufleben lassen“, ergänzt Dickmanns.
Sie alle waren bereits seit 2023 Teil des Projekts Menschlichkeit. Die Kampagne hatte sich zum Ziel gemacht, bundesweit lokale Versammlungen ins Leben zu rufen. Auch ein sogenanntes Gesellschaftsparlament strebte sie an. Zunächst wollten sich Zschutschke, Höyng und Dickmanns dafür im Neuköllner Reuterkiez starkmachen. Schnell war jedoch klar, dass dort bereits viele verschiedene Initiativen bestehen.
Schließlich kam die Idee für Lichtenberg: „Hier sind wir schnell auf engagierte Bürger:innen getroffen“, erzählt Dickmanns. Mit Flyern und Plakaten machten sie auf ihr Vorhaben aufmerksam. Schließlich kamen zu den Versammlungen immer um die 30 Anwohnende, einmal waren es sogar etwa 70. Auf diesem Weg kam auch der Lichtenberger Axel Rehse dazu.
Organisierung an der Basis
Das Projekt Menschlichkeit löste sich Ende 2024 auf, doch die vier machten weiter. Mit den Anwohnenden erarbeiteten sie, welche Themen die Bürger:innen im Kiez bewegt. Schnell kristallisierte sich das seit Jahren leer stehende Mauritiuskirchcenter (MKC) im Kiez Frankfurter Allee Süd als Anliegen heraus. Bis 2021 befanden sich in dem Gebäude noch Hausarztpraxen, eine Apotheke und eine Postfiliale. Inzwischen wächst dort das Grün überall aus den Fugen, auch die Graffiti am Gebäude werden immer mehr. Nun soll das MKC abgerissen werden und ein Neubau auf dem Gelände entstehen. Die Bürgerinitiative setzt sich dafür ein, dass die Bedürfnisse der Nachbar:innenschaft dabei berücksichtigen werden.
Heidi Dlubek ist eine der Aktiven der Bürgerinitiative. Dlubek wohnt seit 2004 im Bezirk. Sie wünscht sich, dass der Investor eine Infoveranstaltung abhält, sobald die Genehmigung eines Bauvorantrags vorliegt. „Das ist die beste Möglichkeit, den sozialen Frieden zu wahren“, sagt Dlubek. Wichtig sei ihnen, dass die neue Gestaltung des MKC sozialverträglich ist. So seien etwa eine Praxis für Physiotherapie, Arztpraxen, ein Friseur und Einkaufsmöglichkeiten wünschenswert. Zudem müsse der Wohnraum bezahlbar sein und ein barrierefreier Zugang ermöglicht werden.
Auch für Rehse, Dickmanns, Zschutschke und Höyng geht es weiter. Sie wollen ihre Erfahrungen zu lokalen Versammlungen mit Interessierten teilen und sie ermutigen, sich in ihren Stadtteilen zu engagieren.
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