Demografiestrategie der Bundesregierung: Breitbandanschluss in jedem Dorf
Die Bundesregierung stellt ihre Demografiestrategie vor. Auf dem Land soll es "gleichwertige Lebensverhältnisse" geben. Doch es drohen auch große Probleme.
BERLIN taz | Das Leben auf dem Land wird unbequemer. In zwanzig oder dreißig Jahren müssen die wenigen, die noch in ihren Dörfern ausharren, längere Wege zum Landratsamt, zur Schule oder zum Krankenhaus zurücklegen. Dies räumte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ein, als er am Mittwoch die Demografiestrategie der Bundesregierung vorstellte.
„Jedes Alter zählt“, lautet die Überschrift des Papiers, das das Bundeskabinett beschlossen hat. Es versucht, eine Zukunftsfrage zu beantworten: Wie kann Deutschland für seine Einwohner attraktiv bleiben, wenn ein Rückgang der Bevölkerung um mindestens zwölf Millionen Menschen bis 2050 und zugleich eine starke Alterung der deutschen Gesellschaft droht?
Friedrich betonte vor allem die positiven Aspekte. „Dass die Menschen älter werden, ist eine sehr gute Nachricht“, befand er. Die Regierung will den Eindruck vermitteln, die Entwicklung sei gestaltbar und die Bürger müssten sich keine Sorgen machen – auch nicht das runde Drittel der Deutschen, die heute in ländlichen Regionen leben. Auf dem Land bleibe „die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse erhalten“, so der Innenminister.
Experten sind skeptisch
Reiner Klingholz, Chef des Berlin-Instituts für Bevölkerung, ist da skeptisch. „Wenn die Bevölkerung insgesamt schrumpft, verliert vor allem der periphere ländliche Raum weiter und überproportional“, erklärt Klingholz. Er fürchtet, die öffentlichen Finanzen würden in einigen Jahrzehnten nicht mehr ausreichen, um alle Dörfer mit Infrastruktur zu versorgen. Dann müssten auch ältere Menschen verstärkt in die Städte ziehen.
Wenn die Bevölkerung schrumpft und altert, geht tendenziell das Wachstum zurück, das Wohlstandsniveau könnte sinken und es fehlen Erwerbstätige. Friedrich will die Vorteile des Landlebens möglichst bewahren – etwa indem überall Internet-Breitbandanschlüsse verlegt werden. Außerdem will die Regierung darauf hinarbeiten, dass ein möglichst großer Teil der Bevölkerung arbeitet – Frauen, Ältere, aber auch Leute, die bisher wegen schlechter Qualifikation keine Stelle finden.
Gefordert wird eine soziale Infrastruktur, die diese Ziele unterstützt – unter anderem bessere öffentliche Kinderbetreuung und Bildungsinstitutionen. Gleichzeitig sollen die Alten und Pflegebedürftigen nicht zu kurz kommen und eine angemessene Versorgung erhalten. Wie, das wird sich zeigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr