Demo gegen 60 Jahre Bundesrepublik: Mit Techno gegen die Jubelnation
Die Antifa plant einen Protest gegen die Grundgesetz-Feier - mit einer "antinationalen Parade".
Während die einen am Samstag vorm Brandenburger Tor den 60. Jahrestag der Bundesrepublik und des Grundgesetzes feiern, demonstrieren Linksradikale lieber: Sie laden zu einer "antinationalen Parade". Mehr als 1.000 Teilnehmer werden erwartet, bundesweit mobilisieren 30 Antifa-Gruppen.
Bündnis-Sprecherin Marlies Sommer von der Gruppe "Theorie Organisation Praxis (T.O.P.) Berlin" bezeichnet die Parade als Kontrapunkt zu "diesem Fest der geeinten Jubelnation am Brandenburger Tor". Man wolle eine grundsätzliche Kritik am Konstrukt der Nation auf die Straße bringen. "Die Ordnung des Staates verewigt nur das kapitalistische Hauen und Stechen", heißt es in einem Aufruf.
Unter dem Motto "Etwas Besseres als die Nation - Gegen die Herrschaft der falschen Freiheit" wollen die Demonstranten ab 18 Uhr vom Rosa-Luxemburg-Platz zum Mauerpark in Prenzlauer Berg ziehen. Antifa-Gruppen aus Frankfurt am Main, Göttingen, Köln, Hannover und Hamburg rufen zur Teilnahme auf. "Wir gehen davon aus, dass mehr als die angemeldeten 1.100 Teilnehmer kommen", so Sommer. Der Protestzug soll Auftakt einer ganzjährigen, bundesweiten "antinationalen Kampagne" sein.
Die Warnungen vor Ausschreitungen hält Sommer für unbegründet: "Ziel ist es, unsere Kritik mit einer kraftvollen Demonstration auf die Straße zu tragen." Sie gehe von einem friedlichen Verlauf aus - wenn sich die Polizei an ihr Deeskalationskonzept halte. Es werde einen bunteren Protestzug als die "Schwarze-Block-Demo" am 1. Mai geben. "Unsere Parade bewegt sich zwischen politischem Ausdruck und kulturellem Programm", so Sommer. Dazu gehörten auch Lautsprecherwagen mit Techno-Musik. Die Polizei habe bisher keine Auflagen erteilt.
Die CDU kritisiert den Protest als "unerträglich". "Es ist heuchlerisch, einerseits Nutznießer dieses Staates zu sein und andererseits gegen unser bewährtes System anzukämpfen", so Landeschef Frank Henkel. Unterstützung kommt dagegen von der Linken-Abgeordneten Evrim Baba: "Dieses Jubiläum verlangt auch eine kritische Betrachtung." Baba kritisiert, dass auf Bundesebene Grundrechte eingeschränkt werden, während genau diese am Samstag gefeiert werden sollen. "Dass die Bundeswehr im Inneren eingesetzt und Sicherheitsgesetze erlassen werden sollen, verdient an solch einem Tag Kritik." Sie erwartet einen gewaltlosen Protestzug.
Dafür spricht, dass die Berliner Antifa-Gruppe T.O.P. bisher weniger durch Krawall als durch Theoriearbeit aufgefallen ist. An der Kreuzberger 18-Uhr-Demo am 1. Mai war sie nicht beteiligt - die T.O.P. gilt als antideutscher Gegenpart zu den dortigen Autonomen. In Berlin trat die Gruppe 2007 stärker in Erscheinung - mit einer eigenen Demo am Vorabend des 1. Mai. Die blieb friedlich. KONRAD LITSCHKO
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