Demo-Anmelder unzufrieden: "Führungslose Polizei"

Die Krawalle seien auch Schuld der Polizei, sagt Kirill Jermak, der Anmelder der 18-Uhr-Demo. Die Beamten wären rigider vorgegangen als früher.

Rumstehen und nichts tun - das hätten sich die Demonstranten von der Polizei gewünscht. Bild: AP, Gero Breloer

war der Anmelder der sogenannten 18-Uhr-Demonstration der Antifa am 1. Mai. Der 21-Jährige ist Abgeordneter der Linken in der BVV Lichtenberg.

taz: Herr Jermak, Ihre 18-Uhr-Demonstration am 1. Mai lief ordentlich aus dem Ruder: Warum gab es erstmalig wieder Ausschreitungen aus dem Protestzug heraus?

Kirill Jermak: Das muss man differenziert sehen. Zum einen haben im Vorfeld Scharfmacher in Teilen der Presse und des Polizeiapparats bürgerkriegsähnliche Szenarien heraufbeschworen mit einem Interesse, dass ihre Prophezeiungen auch eintreten. Davon haben sich eventuell einige angesprochen gefühlt. Auf der anderen Seite war das Polizeikonzept am 1. Mai katastrophal: Schon am Vormittag beim Protest gegen die NPD in Köpenick sind einige Polizisten überhart vorgegangen, was einigen Demonstranten sicher übel aufgestoßen ist. Für unsere Demo am Abend wurden dann statt erfahrener Berliner Polizisten größtenteils Bundespolizisten eingesetzt, deren Hundertschaften führungslos erschienen. Und es gab keinerlei Kommunikation zwischen der Polizei und mir als Veranstalter, was ich so noch nicht erlebt habe.

Das rechtfertigt aber noch nicht das Schmeißen von Steinen, Flaschen und Böllern aus dem Demozug.

Schon zu Beginn wurde von der Polizei gegen Seitentransparente vorgegangen, die in den Vorjahren noch geduldet worden waren. In dieser Situation haben sich einige zur Wehr gesetzt. Sicherlich existierte bei vielen auch einfach eine allgemeine Wut, die sie ausdrücken wollten. Ich lief aber ganz an der Demo-Spitze und musste mit ansehen, wie Bundespolizisten mit Teleskopschlagstöcken so auf Demonstranten losgingen, dass einige mit blutenden Kopfwunden ins Krankenhaus mussten. Insgesamt hatte unsere Demonstration mehr als 136 verletzte Teilnehmer.

Auch die Polizei beklagt 273 verletzte Beamte.

Ich will das nicht kleinreden, aber erinnern wir uns nur an den G-8-Gipfel 2007. Da wurden von der Polizei zum Teil eigene Verletztenzahlen jenseits von Gut und Böse veröffentlicht. Sicher gibt es in deren Reihen auch ein Interesse, möglichst hohe Zahlen zu präsentieren, um zu zeigen, wie gewalttätig die Linken wieder waren.

Sie haben Ihre Demonstration frühzeitig beendet, warum?

Wir wollten die Sicherheit unserer Veranstaltungsteilnehmer nicht weiter gefährden und weitere Auseinandersetzungen verhindern. Auch hier versagte aber die Polizei: Um unsere Route zu verkürzen, mussten wir 20 Minuten nach einem zuständigen Ansprechpartner bei der Polizei suchen. Den fanden wir schließlich erst telefonisch im Polizeipräsidium statt vor Ort.

Welches Fazit ziehen Sie?

Ein kritisches. Es ist uns nur im Vorfeld gelungen, unsere Inhalte zu vermitteln. Auf der Demo konnten wir daran nicht mehr anschließen. Und den Verlauf muss man als durchwachsen bezeichnen. Ob ich die Demonstration im nächsten Jahr wieder anmelde, muss ich mir noch überlegen. Bei einem Polizeikonzept wie in diesem Jahr würde ich die Anmeldung eigentlich niemandem empfehlen.

Interview: KONRAD LITSCHKO

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