piwik no script img

Demjanjuk zum Tode verurteilt

■ Israelisches Gericht verhängt Höchststrafe gegen Nazi–Verbrecher „Iwan den Schrecklichen“

Jerusalem (ap) - Wegen Beteiligung am Massenmord des NS–Regimes ist der 68jährige Exilukrainer John Demjanjuk am Montag von einem israelischen Gericht zum Tode verurteilt worden. Die drei Richter in Jerusalem nannten den Beschuldigten, der als „Iwan der Schreckliche“ im Vernichtungslager Treblinka gefürchtet war, einen „Oberhenker“ und konnten keine Milderungsgründe erkennen: Er habe mit eigenen Händen und besonderer Grausamkeit Zehntausende Opfer umgebracht, erklärte das Gericht unter Beifall der Zuhörer. Demjanjuk, dessen Sohn Berufung ankündigte, ist nach Adolf Eichmann der zweite NS–Verbrecher, der in Israel abgeurteilt wurde. „Es gibt kein Vergeben im Gesetz oder im Herzen“, sagte Richter Zvi Tal bei der Verkündung des Strafmaßes, nachdem Demjanjuk schon am vergangenen Dienstag in allen vier Anklagepunkten schuldig gesprochen worden war: Kriegsverbrechen, Verbrechen am jüdischen Volk, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen an Verfolgten. Die Richter sahen es als erwiesen an, daß er als „Hilfswilligerr der SS“ die Gaskammern im Todeslager Treblinka, in denen über 800.000 Menschen ermordet wurden, bedient und sich durch Grausamkeiten, die über das geforderte Verhalten noch hinausgegangen seien, hervorgetan habe. Demjanjuk, der nach dem Kriege in die USA auswanderte, in Cleveland als Automobilarbeiter lebte und im Februar 1986 an Israel ausgeliefert wurde, hatte stets geltend gemacht, er - der als sowjetischer Soldat in deutsche Gefangenschaft geriet - sei nie in Treblinka gewesen, er müsse Opfer einer Personenverwechslung sein. Staatsanwalt Jona Blattman hatte im Schlußplädoyer erklärt, daß das seit 1950 in Israel geltende Gesetz über nationalsozialistische Gewaltverbrechen die Todesstrafe zwingend vorschreibe. Richter Dov Levine entgegnete, er persönlich betrachte die Todesstrafe nicht als obligatorisch. Diese Äußerung hatte Spekulationen ausgelöst, daß nicht die Höchststrafe verhängt werde. Wie im Fall Eichmann entschied sich das Gericht aber doch für die Todesstrafe. Der ehemalige SS–Obersturmbannfüher Eichmann, einst Organisator der „Endlösung der Judenfrage“, wurde im Juni 1962 57jährig im Gefängnis Ramleh durch Erhängen hingerichtet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen