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Debatte um LaufzeitverlängerungMerkel reist, Juristen machen Politik

Kanzlerin Merkel sieht sich auf einer Reise Windräder und Atommeiler an - bevor sie entscheidet, wie lange Reaktoren noch laufen. Dabei hat sie ohnehin wenig Spielraum.

Verdoppelungstrick für die Kernkraft: Die Bundesregierung könnte das Verlängerungs-Gesetz in zwei Teile spalten. Bild: dpa

taz | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am Mittwoch auf Energiereise gegangen: In den kommenden Tagen wird sie Kraftwerke aller Art besuchen, etwa einen Windpark an der Ostsee oder das AKW Lingen im Emsland. Es soll eine "Lernreise" sein, auf der Suche nach dem Energiekonzept der Zukunft. Doch über allem schwebt die Frage, welche Rolle dabei die Atomenergie noch spielen soll und vor allem: spielen kann. Denn es gibt rechtliche Hürden.

Zunächst einmal ist die Verlängerung der AKW-Laufzeiten freilich eine politische Frage. Rot-Grün hat die Laufzeiten 2002 im Atomgesetz beschränkt. Schwarz-Gelb will sie wieder verlängern. Der Umfang des Rollbacks ist im Regierungslager umstritten. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) schlägt unbefristete Laufzeiten vor - "solange die Kraftwerke sicher sind". Sein baden-württembergischer Kollege Stefan Mappus (CDU) spricht von "mindestens 15 Jahren". Der zuständige Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) bremst. Bei Amtsantritt hatte er von "höchstens acht Jahren" gesprochen, inzwischen hält er sich mit Zahlen zurück.

Die Regierung wird sich aber kaum ein Ziel setzen, das sie nicht durchsetzen kann. Seit Schwarz-Gelb nach der NRW-Wahl die Mehrheit im Bundesrat verloren hat, kommt nur eine Laufzeitverlängerung in Betracht, die keine Zustimmung des Bundesrats benötigt. Letztlich entscheiden also nicht die Energiepolitiker, sondern Verfassungsjuristen über das Energiekonzept, das die Regierung im Herbst beschließen will. Einfacher macht das die Sache nicht.

Mittlerweile liegt eine Vielzahl von juristischen Gutachten vor, die jeweils andere Grenzen für die Bundesratszustimmung benennen. So hält etwa der konservative Verfassungsrechtler Rupert Scholz eine Verlängerung der Laufzeiten generell für zustimmungsfrei. Dagegen hat Hans-Jürgen Papier, Expräsident des Bundesverfassungsgerichts, für jede Ausweitung des AKW-Betriebs die Zustimmung der Länderkammer gefordert. In der Mitte bewegen sich die Experten von Innen- und Justizministerium, die im Mai vom Kanzleramt mit einer Klärung beauftragt wurden.

In einem Entwurf des Gutachtens aus dem Mai heißt es, dass eine "moderate" Verlängerung der Laufzeiten ohne Zustimmung des Bundesrats möglich sein müsste. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung wurde "moderat" inzwischen präzisiert - auf maximal zehn Jahre. Doch auch bei dieser moderaten Verlängerung sehen die Ministeriumsexperten ein "nicht unerhebliches verfassungsrechtliches Risiko", weil das Verfassungsgericht eventuell strenger sein könnte.

In jedem Fall zustimmungspflichtig wäre es, so der Gutachtenentwurf, wenn den AKW-Betreibern im Atomgesetz neue Sicherheitsanforderungen auferlegt würden, etwa die Einhaltung des "Stands der Nachrüsttechnik". Allerdings könnte die Bundesregierung das Projekt dann in zwei Gesetze aufspalten: zustimmungspflichtig wäre das Gesetz, das mehr Sicherheit verlangt, das mit der (moderaten) Verlängerung der Laufzeiten nicht.

Diskutiert wird auch ein zweiter Trick: Legt man die älteren Reaktoren nach einer moderaten Laufzeitverlängerung sofort still und überträgt ihre Strommenge an neuere Meiler, könnten diese sogar bis zu 14 Jahre länger laufen - ebenfalls ohne Zustimmung des Bundesrats.

All das wird Angela Merkel im Hinterkopf haben, wenn sie sich auf ihrer Energiereise Gasturbinen und Wasserräder erklären lässt. Doch vermutlich wird sie auch die Technik interessieren, schließlich ist sie ja Physikerin.

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5 Kommentare

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  • S
    schaugenau

    Frau Kanzlerin "macht sich gegenwärtig ein Bild über Stand und Entwicklung der regenerativen Energien hierzulande"(lt.ihrer homepage) Toll! Wenn sie bisher dazu noch kein Bild hatte, wird es langsam Zeit! Solcher Unsinn! Wer kauft ihr das ab? Diese "Energiereise" ist..

    ..eine Landpartie auf Staatskosten mit nebenbei ein paar täuschendschönen Foto-Motiven vor einem Windpark und dann zu Hause weiter nach alter Manier: Atomkraft als Brückentechnologie verkaufen, um das Stromkartell zu "bedienen" und die Erneuerbaren kleinhalten.

    Gute Reise!

  • TT
    Thomas Träger

    Schön zu sehen das dem Bürger wenigstens vorgegaukelt wird – wievielt Wert Kanzlerin Merkel auf Sicherheit legt.

     

    Die Endlagerung können wir ja dann auch gleich verkürzen auf 12 Jahre, weil das eine so schöne Zahl ist. Und unseren Kindern immer etwas Strontium in das Müsli streuen damit sie auch schön abgehärtet sind – für ihre strahlende Zukunft.

  • FN
    Fritz Noss

    Atomkraft tötet!

     

    Politiker und Konzerne die das durchdrücken, gehen vorsätzlich und eiskalt über Leichen!

     

     

    Deshalb klar und deutlich: ABSCHALTEN - SOFORT!

     

     

    - es gibt kein Endlager, das 1.000.000 Jahre sicher ist

     

    - der Bürger trägt das Gesundheitliche Risiko:

    - 65 Jahre Atombombe - schon vergessen?

    - 24 Jahre Tschernobyl, nun brennen die Wälder und

    der verstahlte Staub verseucht alles!

     

    - der Bürger trägt die Kosten für die nächsten

    1.000.000 Jahre !!!, 4 Konzerne kassieren JETZT

     

    - Terror/Unfallgefahr:

     

    Kein AKW ist sicher, weder technisch, selbst Beton korrodiert und verrückte Spinner mit Bomben gibt es immer wieder.

     

    - und wir haben tolle Alternativen: Solar, Wind, ...

     

    - Deutschland exportiert derzeit Strom!!!!

     

    Also nochmal: ABSCHALTEN !!!

     

    Wer Details braucht:

    http://100-gute-gruende.de

  • TS
    The Spike

    Schön, dass eine Regierung die weiß, das sie ihre Ziele auf demokratischem Weg nicht erreicht offen darüber nachdenkt, wie sie den Willen der Bevölkerung in Form des Bundesrates umgehen kann...

    Das stärkt die Politikbegeisterung der Massen...

  • W
    Wolfgang

    Deutschland ist Stromexportweltmeister.

    Warum nur will man die bestehenden Gesetze und die mit den Stromerzeugern abgeschlossenen Verträge ändern? Das ist reinste Klientelpolitik.

    Atomstrom, Wehrpflicht, Gesundheitspauschale und die Ablehnung von Mindestlöhnen wird schwarz-gelbe Regierungen in den Ländern und im Bund zum Scheitern bringen. Baden-Württemberg wird das zweite Fiasko nach Nordrhein-Westfalen.

    Die Frage ist: Wann lenkt diese Regierung um?