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Debatte ParlamentarismusDas Ende der Demokratie

Bettina Gaus
Kommentar von Bettina Gaus

Die Grundlagen des parlamentarischen Systems erodieren zusehends. Die Gefahr geht dabei von seinen treuesten Wächtern aus.

Marjana Simonovska ist als mazedonische Soldatin sechs Monate Teil einer Nato-Mission in Afghanistan. Bild: reuters

W elche Vorstellungen verbinden sich mit den Feinden der Demokratie? Vor dem geistigen Auge entstehen Bilder von zynischen Diktatoren und Putschisten. Niemand denkt an nette, umgängliche Leute, die sich selbst für aufrechte Demokraten halten. Das ist ein Fehler. Diejenigen, von denen derzeit höchste Gefahr droht, gehören nicht zu den politischen Verbrechern. Sie meinen es gar nicht böse. Viele Totengräber des Parlamentarismus sehen sich als seine treuesten Wächter.

Die parlamentarische Demokratie war niemals eine ungefährdete Staatsform, aber bisher ist sie nirgendwo lautlos und undramatisch abgeschafft worden. Das ändert sich gerade.

Spiegelstriche in öffentlich zugänglichen Dokumenten werden zu Waffen gegen das System. Es ist gar nicht mehr nötig, Geheimpapiere zu veröffentlichen. Die Lektüre der Tagespresse genügt für die Erkenntnis, dass die Grundlagen des Systems erodieren.

Das Haushaltsrecht – auch als Königsrecht des Parlaments bezeichnet – ist eine der wichtigsten Aufgaben der Abgeordneten. Was davon übrig bleibt, wenn es ernst wird, lässt sich angesichts der Krise in Griechenland beobachten.

Dort wurde das Budgetrecht bereits eingeschränkt. Ein Teil der Staatseinnahmen fließt auf ein Sperrkonto. Das war im Februar eine Bedingung der Euro-Finanzminister für weitere Gelder und entsprach auch und vor allem dem Wunsch der deutschen Bundeskanzlerin.

Es gibt immer gerade Wichtigeres

Außerhalb Griechenlands war die Erleichterung, eine drohende Staatspleite – zunächst – abgewendet zu haben, so groß, dass jede demokratietheoretische Kritik weltfremd wirkte. Es gab doch wahrlich Wichtigeres! Das ist übrigens ein wiederkehrendes Element, wenn demokratische Strukturen verändert werden: Es gibt immer gerade Wichtigeres.

Sollte infolge der griechischen Krise wirklich einmal Zahltag sein, dann bleibt auch vom Haushaltsrecht des Bundestages nicht viel übrig. Es ist dann nämlich einfach kein Geld mehr da für Gestaltung des Etats.

Die Festung Haushaltsrecht ist also geschleift. Aber das Parlament hat ja noch weitere, bedeutende Aufgaben. Es entscheidet über Krieg und Frieden. Noch.

Katharina Behling
BETTINA GAUS

ist politische Korrespondentin der taz.

Da Waffen teuer sind, teilen sich militärische Bündnispartner ihre Aufgaben. Die Idee ist übrigens so neu nicht, wie kürzlich auf dem Nato-Gipfel in Chicago suggeriert wurde, wo der Eindruck von Kostenbewusstsein und Innovationskraft erweckt werden sollte. Diese Arbeitsteilung wird bereits seit Jahren praktiziert und sie wird „Synergie“ genannt.

Früher wurde allerdings behauptet, das ändere selbstverständlich gar nichts daran, dass auch künftig der Bundestag autonom über die Teilnahme an jedem Militäreinsatz entscheiden dürfe und müsse. So lästig der so genannte Parlamentsvorbehalt allen deutschen Bundesregierungen stets gewesen ist, so wenig glaubten sie, einen Krieg ohne Zustimmung des Parlaments führen zu können. Auch das hat sich offenbar geändert.

Stichwort Bündnisfähigkeit

Das Stichwort heißt jetzt Bündnisfähigkeit, und um die gewährleisten zu können, darf angeblich niemand mehr ausscheren. Die deutsche Bundesregierung hat bereits signalisiert, am Parlamentsvorbehalt in seiner bestehenden Form nicht festhalten zu wollen. Jetzt müssen nur noch die Abgeordneten zustimmen.

Sie werden es schon tun. Hätte nicht Bundestagspräsident Norbert Lammert tapfer Widerstand geleistet, dann wäre ja kürzlich sogar eine Änderung der parlamentarischen Geschäftsordnung durchgewunken worden, die das Rederecht von „Abweichlern“ im Bundestag verkürzt hätte – also von Abgeordneten, die nicht die Meinung ihrer jeweiligen Fraktion vertreten. Dabei hat der Fraktionszwang keinen Verfassungsrang. Das Gewissen der Abgeordneten hingegen schon.

Die Rechte der Parlamentarier genießen in der öffentlichen Diskussion derzeit keinen hohen Stellenwert mehr. Ihre wichtigste Aufgabe besteht übrigens darin, die Regierung zu kontrollieren. Wie sollen sie das tun, wenn ihnen die meisten wirksamen Instrumente erst einmal genommen worden sind?

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschien kürzlich ein erhellender Kommentar. Der Autor kritisierte die SPD dafür, dass sie im Bundestag gegen eine Ausweitung des Mandats der Militäroperation vor dem Horn von Afrika gestimmt hat.

Wenn es den Sozialdemokraten ernst gewesen wäre mit ihrer Überzeugung, so meint der Verfasser, „dann hätten sie viel früher in befreundeten Staatskanzleien der EU-Mitgliedsländer ihren Argumenten Geltung verschaffen müssen“. Da ja fast immer Parteifreunde in irgendeinem anderen EU-Land an der Regierung seien, wäre das „eigentlich das Mittel der Wahl“, um einen einstimmigen Beschluss der EU-Regierungen zu verhindern. Statt „einer folgenlosen Demo im Bundestag“.

Demo im Bundestag

Hoppla. So weit sind wir also inzwischen. Wenn Abgeordnete im Bundestag das tun, wofür sie gewählt wurden – nämlich entsprechend ihrer politischen Überzeugung zu stimmen –, dann ist das eine folgenlose „Demo“. Vielleicht sollte die Opposition die Abgabe ihres Votums demnächst bei der Polizei als politische Kundgebung anmelden.

Wahr ist: Je enger die supranationale Verzahnung, desto geringer der Handlungsspielraum auf nationaler Ebene. Niemand hat je bestritten, dass die EU gravierende strukturelle Defizite im Hinblick auf die Demokratie aufweist. Aber stets wurde so getan, als ließe sich das schon regeln – irgendwann, wenn die Sonne mal ganz lange scheint. Als ob es eine neue Erkenntnis wäre, dass jede Exekutive gefräßig ist und ihre Macht vergrößern will. Das gilt auch für demokratisch gewählte Regierungen. Die Gewaltenteilung ist ja nicht zum Spaß eingeführt worden.

Diese Gewaltenteilung wird gerade abgeschafft. Möglich, dass Historiker unsere Gegenwart einmal das „postdemokratische Zeitalter“ nennen werden. Und sagen werden, dass der Systemwandel von der Bevölkerung achselzuckend hingenommen wurde. Das wäre traurig.

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Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
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29 Kommentare

 / 
  • AG
    Anonymer Gast

    Das einzige was uns retten kann:

     

    -eine unzentralsierte Medienlandschaft in der niemand die Meinungshoheit für sich beansprucht

    -damit einher gehen muss ein Bildungssytem, dass das eigene Denken fördert und fordert!

     

    Wenn diese beiden Voraussetzungen nicht erfüllt werden, werden wir in Zukunft immer mehr Verlierer in dem System haben.

     

    In dem Artikel steht nichts neues. Es war schon vor Jahren klar, worauf das alles hinaus läuft. Leider wurden die warnenenden Stimmen als "Verschwörungstheoretiker" abgestempelt.

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Die Mehrzahl der Abgeordneten sind bezahlte "Jasager", die der Regierung zu Kreuze kriechen, schlichte Flaschen, die genauso gegen die Bevölkerung arbeiten, wir ihre Regierung.

     

    Überhaupt haben "wir" uns daran scheinbar gewöhnt, uns beherrschen zu lassen, uns alles bieten zu lassen. D.h. nicht zuletzt auch, wie kommt es, dass die Mehrzahl immer noch diese Schrottparteien und deren Pfeifen wählen, die uns die ganze Misere seit endlosen Jahren einbrocken?

    Wie dämlich sind die Menschen eigentlich?

    Lernen sie nie dazu?

  • L
    lowandorder

    @ von Toni Lüdi:

     

    Hi, Toni, ja lüg i?

    Der Appenzeller Kas ist doch seit - mindestens - Hunderten von Jahren

    gegessen.

    Die Menschen finden es mehrheitlich spannender in Städten,

    auch großen Städten und Ländern zu wohnen.

    'Stadtluft macht frei.'

    Und da sind so Figurationen a la die Kirche im Dorf, alles in Butter

    und 'laßt doch den Fremden in Ruhe; er kann doch nix dafür,

    daß er keinen Kropf hat' eher Auslaufmodelle.

  • TL
    Toni Lüdi

    Ich kann nur immer wieder die Landsgemeinden in Glarus und Appenzell zum Studium empfehlen. Da funktionierte eine höchst effiziente Form der direkten Demokratie nun schon seit einigen hundert Jahren!

  • H
    hto

    Das Ende der Demokratie - populistische Propaganda von und für den Konsum- und Profitautismus dieser Welt- und "Werteordnung", die zum Zeitgeist der GLEICHERMAßEN unverarbeiteten / MANIPULIERBAREN Bewußtseinschwäche in Angst, Gewalt und "Individualbewußtsein" paßt - das Ende der "Vernunft", der "Entwicklungshilfe", des "Weltfriedens", ...!?

  • H
    hto

    Wir hatten bisher noch nie Demokratie, sondern nur zynische und multischizophrene Vetternwirtschaft, Illusionen von Wirtschaftswunder, sozialen Errungenschaften und heuchlerischer Bewußtseinsbetäubung im nun "freiheitlichen" Wettbewerb - Visionen und Programme von wirklich-wahrhaftiger MENSCHENWÜRDE in zweifelsfreier Vernunft, werden in gutbürgerlicher Bildung zu Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche und Überproduktion von systemrationalem Kommunikationsmüll KONFUSIONIERT!!!

  • KK
    Karl K

    @von Christel Buchinger

     

    "wer kontrolliert die Kontrolleure " ist vorrangig eine 

    ( verfassungstheoretische ) Denkfigur. Die erkennbar eine Endlosschleife beschreibt.

     

    Dagegen hilft das Widerstandsrecht des Volkes? Gemach.

    Das Widerstandsrecht des Art 20 Absatz 4 des Grundgesetzes ist eine mögliche Antwort. 

    Und es ist gut, daß es so ausdrücklich in unserer Verfassung steht.

    Das ist nicht selbstverständlich.

     

    Aber - versagen alle Verfassungsorgane? Ist Abhilfe nicht anders erreichbar?

    Das Risiko insoweit falsch zu liegen, trägt Volker!

    Nach Henry Thoreau kann es Zeiten geben, da ist ehrenwerter im Knast zu sitzen, statt draußen mitzulaufen. 

     

    Gewiß. Aber ist es schon soweit?

    Ich denke - nein.

    Bettina Gaus hat zu recht das Schleichende der Veränderungen benannt.

    Und - beginnend bei Undemokraten wie Kohl, über Lupenreine wie GazpromSchröder und BMWJoschka ist auch eine ehemalige FDJ-Sekretärin wie dat  Merkel erkennbar keine in der Wolle gefärbte Demokratin. AntiGleichheitFreiheitsfasler Gauch de Gauck schon gar nicht.

     

    Was bleibt? Bewegungen wie Occupy und ein durch das Netz protegiertes basisdemokratischer orientiertes Politikverständnis und Handeln, wie es die Piraten propagieren.

     

    Insofern zu Recht: get up, stand up, fight for your rights! Wer - wenn nicht wir!

  • MS
    meine sache

    Großartig.

     

    Ich freue mich, solche Artikel zu lesen. Es ist immer wieder erfreulich, wenn Vermutungen durch klare Beispiele/Beweise untermauert werden.

     

    Gegen den Demokratieabbau!

  • H
    Humperding

    Die Gegenwart wird bereits das postdemokratische Zeitalter genannt.

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Postdemokratie#Colin_Crouch

  • H
    Harry-Lang

    Zu dem Beitrag von Karl Gernholz:

     

    Der Beitrag zeigt, dass es offensichtlich noch Leute gibt, die sich nicht vom Mainstream-Denken und nicht einmal von Hartz-IV - wie auch - das Maul verbieten lassen. Das ist erfreulich festzustellen.

     

    Es zeigt sich aber auch, dass Regeln für den Umgang miteinander, sogar für den Umgang mit Politikern, erforderlich sind. Diese Regeln können über eine Netiquette festgelegt sein, da das Strafrecht bei den meist anonymen Äußerungen im Netz ja nicht wirksam ist.

     

    Wenn hier die Mehrzahl der Politiker als kriminell und/oder geisteskrank bezeichnet wird, wenn gesagt wird, dass sie beschimpft und beleidigt werden sollen, dann ist das menschenverachtend. Die Aussage, diese kriminellen und geisteskranken Politiker „gehören weg, egal wie“, kann man als Rechtfertigung oder Aufforderung zu politischem Mord verstehen.

     

    Ich denke nicht, dass solcher Umgang mit Andersdenkenden zur Verwirklichung von mehr Demokratie führen kann.

  • A
    Andreas

    Toller Artikel!

     

    Dankeschoen!

     

    Sie sprechen mir aus der Seele - Demokratie nach dem Vorbild der Attischen Republik gibt es schon lange nicht mehr, und das Schlimmste daran ist die Art wie wir Menschen Dies hinnehmen.

     

    Gruss.

     

    Andreas

  • A
    Andrea

    In der Tat, ein wichtiger Artikel von Frau Gaus. Ständig stehen wir jedoch vor der Frage: Demokratie oder Europa. Würde Frau Gaus sagen, wir sollen uns auf unsere Demokratie in unserer deutschen Gemeinschaft konzentrieren? Die vermeintlichen Paneuropäer sehen die Integration Europas letztlich auch nur unter dem Primat ökonomischer Vorteile.

  • N
    naseweiser

    PGaus : "Sollte infolge der griechischen Krise wirklich einmal Zahltag sein, dann bleibt auch vom Haushaltsrecht des Bundestages nicht viel übrig. Es ist dann nämlich einfach kein Geld mehr da für Gestaltung des Etats. "

     

    Wieviel von Politik überhaupt übrig geblieben ist kann man exemplarisch am gesetzlichen "Vorhaben" Kita-Plätze-Ausbau (nebst Wurmfortsatz "Herdprämie")erkennen : das Haushaltsrecht läuft jetzt schon faktisch leer , so leer wie die Kassen leer sind (wobei "leer" ein netter Euphemismus ist ).

    olitik ist seit Ende 2008 nur Krisenverwaltung , im übrigen obsolet . Man kann sich aktuell ernstlich fragen , wozu dafür im Bundestag 600 Abgeordnete gebraucht werden .

  • T
    tsitra

    Erscheint mir ein sehr guter Beitrag.

     

    Jedenfalls wird ausgewogen argumentiert und die Befürchtungen mit klaren Fakten belegt.

     

    Letzlich finde ich es beklemmend und besorgniserregend was Frau Gaus hier mitteilt.

     

    Spontan denke ich an die Demonstrationsverbote vor wenigen Tagen in Frankfurt und an die niedrige Wahlbeteiligung bei der letzten

    Bundestagswahl, sodass "Der Spiegel" titelte:

    "Sofa statt Steinmeier"

     

    Was ist mit unserem Bildungssystem?

    In einem Wortbeitrag, der ein gutes Niveau hatte, meinte ein Experte (Bildungsforscher, soweit ich mich erinnere) sinngemäß:

    "Die Schule ist ein denkbar schlechter Ort um Demokratie zu lernen."

     

    Ist das ein Grund warum all' diese "Abbröckelungen"

    der wirksamen Demokratie in diesen Tagen so leicht möglich sind?

  • KG
    Karl Gernholz

    Die Feinde der Demokratie

     

    Sehr geehrte Frau Bettina Gaus,

     

    Die Feinde der Demokratie haben Namen. Sie sind auch nicht nett und umgänglich. Es sind politische Verbrecher und sie meinen es eben doch böse. Die taz und auch Ihr Artikel, sind ein gutes Beispiel, welche Folgen der Demokratieabbau in den Medien hat. Der Mut, die klare Positionierung, Ross und Reiter zu nennen, fehlt. Die kapitalistische Guillotine, also die Hartz Gesetzgebung, führt u.a. auch dazu, dass die Pressefreiheit und die freie Meinungsäußerung mehr und mehr auf der Strecke bleibt. Die Autoren haben Angst. Angst vor der Arbeitslosigkeit, der Armut, der Isolation. Die Folge sind nebulöse Andeutungen und widersprüchliche Aussagen, wie in Ihrem Artikel. Die Drecksarbeit, Namen zu nennen, bleibt dann wieder dem Leser überlassen. Gerhard Schröder, Josef Fischer, Frank Walter Steinmeier, um nur einige Namen zu nennen, die Komplett Versager der SPD und Grünen, hinterlassen in unserem Land 7 Millionen zerstörte Biografien, tausende von Selbstmorden, auch in Griechenland und in Übersee tausende von Toten auch Kinder. Keiner klagt, kein Rechtsanwalt weit und breit, der diese Leute aus dem Verkehr zieht. Im Gegenteil. Die Gebetsmühlenartige Lobhudelei, auf den Sozial- und Demokratieabbau, der Sozialverbände, der Gewerkschaften, der Wirtschaftsinstitute und der Finanzindustrie, hat Hochkonjunktur.

     

    Die FAZ als Beispiel, veröffentlicht keine Leserbriefe von mir, die G. Schröder oder J. Fischer, als Feinde der Demokratie bezeichnen. Leserbriefe werden rigoros gekürzt oder geändert. Zensur und Repressionspolitik gibt es nicht nur in China oder Russland, sondern sie ist Alltag in Deutschland. Da alle Zeitungen die Netiquette eingeführt haben, gehe ich von einer konzertierten Aktion aus. Die Politik wird wohl interveniert haben. Ich habe meine Zweifel, ob die Netiquette angebracht ist. Ihr haftet der Geruch der Zensur an, verfälscht die Emotionalität, verhindert Spontanität und Frustabbau und spiegelt nicht die tatsächliche geistige und moralische Verfassung der Bürger wieder. Leserbriefe sollen aber doch genau das zum Ausdruck bringen oder nicht? Wenn jeder Leserbrief journalistisch und rechtlich einwandfrei wäre, dann könnte man die Zeitungen abschaffen. Die Netiquette ist ein Spagat zwischen Zensur, Anstand und freier Meinungsäußerung. Ich tendiere dazu der Freiheit und der freien Meinungsäußerung den Vorzug zu geben. Dass sich die Schurken in unserem System ertappt und beleidigt fühlen, mit Strafanzeigen drohen bzw. wie mir passiert, Strafantrag stellen, spiegelt nur das schlechte Gewissen und die kriminelle Energie der Politikerkaste wieder.

     

    Persönlichkeiten wie Herr Norbert Lammert, der Auf Schloss Neuhardenberg, eine beachtenswert gute Rede zum Thema „Das Volk ist manipulierbar“, gehalten hat, sollten vielmehr in den Blick der Medien und damit in die Öffentlichkeit rücken. Es gibt nur noch wenige Politiker, die Respekt und Achtung verdienen. Die Mehrzahl hat nichts Besseres verdient, als beschimpft und beleidigt zu werden und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, die kriminelle und geisteskranke Mehrheit der Politiker, gehört weg, egal wie. Nichts wünsche ich mir mehr, als Schröder und Fischer in Ketten, verachtet von den Bürgern Deutschlands und nicht hochgejubelt durch die Deutsche manipulierte Presse und das Fernsehen.

     

    Diktatoren in aller Welt, Mubarak, Kim Jong-il, Assad z. B., werden beim Namen genannt, bei Putin tut man sich schon schwer, unsere Schurken aber werden gefeiert. Wir sind im postdemokratischen Zeitalter und angeblich am Vorabend einer europäischen Revolution und irgendwann, wenn die Sonne ganz lang scheint Frau Gaus, ist mir zu einfach. Die Lösung in die Zukunft zu transportieren, hilft den Unterdrückten und ausgebeuteten Harzern und Bürgern in Griechenland und Europa nicht. Wir brauchen den Systemwechsel jetzt. Die Verantwortlichen gehören namentlich an den Pranger. Das sind die originären Aufgaben der taz und Medien im Allgemeinen. Nebulöse Andeutungen aus Angst, sind kontraproduktiv aber besser als gar nichts. Danke für den Artikel.

  • R
    rioges

    Frau Gaus ist uneingeschränkt zuzustimmen. Unsere Demokratie ist vehement in Gefahr und daran sägen tuen bequeme und inkompetente Abgeordnete, die sich als Manövriermasse ihrer Fraktionsvorturner degradieren lassen.

    Dass die Wähler/innen da davon laufen ist nur logisch, macht das Ganze aber nur noch dramatischer. Denn wer leistet wo Widerstand?

  • F
    Friedrich

    "Wahr ist: Je enger die supranationale Verzahnung, desto geringer der Handlungsspielraum auf nationaler Ebene."

     

    Und genau deshalb brauchen wir demokratische Strukturen und Programme zur Förderung des politischen Diskurses auf supranationaler Ebene: in der EU und in der UNO.

     

    Einen realistischen Vorschlag für strukturelle Reformen auf globaler Ebene - Kampagne für ein Parlament bei der UNO:

    http://de.unpacampaign.org/

     

    Leider gibt es nach wie vor Journalisten, die die Generalversammlung als Weltparlament und nicht als Treffen der Exekutiven der Welt bezeichnen, z.B.: http://www.welt.de/debatte/kommentare/article13874152/Russland-und-China-muessen-Assad-fallen-lassen.html (Gibt es eigentlich die goldene Himbeere des Journalismus?)

  • J
    Jein!
    Endlich mal wieder ein wirklich guter Artikel in der TAZ. Dank an Bettina Gaus.

     

    Wenn die TAZ - gegen Entgelt, ja! - einen Newsletter anbieten würde, für dessen INDIVIDUELLE Zusammenstellung ich in einem Suchprofil als Auswahlkriterium auch die Namen von Autoren hinterlegen könnte, deren Artikel ich auf jeden Fall lesen möchte: DAS wäre ENDLICH mal eine vernünftige technische&menschliche Lösung.

     

    Auffi, TAZ! (oder tschüss!)

     

    Vollkommen richtig, in den letzten Wochen hat die TAZ sich ja leider mehr und mehr in den Mainstreamkanon eingereiht, statt die Kampagnen der medialen Big Player zu entlarven, ist sie munter im Kielwasser geschwommen. Kann es sein, dass ein/e bedeutende/r Redaktionsherr/dame den unausgesprochenen Kurs der taz für die Leserschaft der (neoliberalisierten) Grünen vorgibt? Vermutlich würde das auch garnicht bestritten werden.

     

    Dieses "böse Fundis"~, "gute Realos/Reformer"-Spiel gabs doch schon mal dort, bei den Grünen... als es für die Realos entschieden war wurden die Grünen als "regierungsfähig" deklariert und, hört, hört, vereinzelt sogar zu Bilderbergertreffen geladen...

     

    Und dann gestern das obligatorische Bartsch-Interview... also kommt mal...

    Dass der sogar Fanboy der TAZ wird... [taz schreib ich erst wieder wenn ihr euch mehrheitlich genau so zeigt wie _dieser_ Artikel es momentan als Ausnahme der die Regel beweist, zu belegen scheint]

     

    hAch, ich wünsche mir die taz der 80er zurück damals wart ihr noch wirklich kritisch, heute habt ihr U-Boote oder wurdet von Macht oder Mainstreamquoten umgedreht. Naja, Augsteins Freitag hat jetzt auch ne 'neue' Linie, genau wie ihr.

     

    btw. das Wort, dass ich zum Abschicken den Beitrags eintippen soll heißt "Bann"

    - na dann.. -

    (oder vielleicht doch "Bahn"?)

     

    so long and thx for the fish.

     

    (Würde aber doch gern die verbliebenen Guten bei euch - und nur die! - für ihren |systemkritischen| Journalismus unterstützen, deshalb schließe ich mich der Forderung meines Mitkommentators an, die personalisierte Newsletter-Funktion zu implementieren. Mal sehen ob durch den Marktmechanismus dann den U-Booten der Sprit ausgeht, hoffen wir nur diese sind bei euch nicht atomwaffenbestückt, sondern werden umweltfreundlich umfunktioniert, z.B. für sozio-ökonomische Tauchfahrten zum Wrack der H.M.S. Capitalism...

    oh ich vergass, so ganz friedlich wird die Entwaffnung dann wohl nicht ablaufen, die Grünen sind ja seit Jahren für Kriegseinsätze bekannt...)

  • S
    Steuerzahler

    Danke!

     

    Indes: Unser Zeitalter wird in Wissenschaftskreisen ohnehin bereits "Postdemokratie" genannt. Offenbar denken die aktuellen Entscheider darum, dass dem nicht entgegensteuert und (belegbar) widersprochen werden muss.

    Es regiert sich ja auch viel gemütlicher - so ganz ohne direete Verantwortung, drohende Sanktionen zur Person etc.

    Schade nur, dass wir uns zwar dezent konsterniert umschauen, wer alles über uns bestimmt (den wir nicht kennen, gewählt haben oder wählen würden) - aber es halt grad kaum Zeit hat, sich darum zu kümmern....

    Und dann ist ja auch Fussball....

  • M
    matstaz

    Ich kann dem Artikel nicht ganz zustimmen. Dass die griechischen Parlamentarier nicht frei über das von uns überwiesene Geld verfügen dürfen, ist doch zwingend erforderlich. Schließlich soll das Geld doch der Bedienung der Altschulden dienen und nicht für neuen Konsum missbraucht werden. Dass man griechischen Politikern nicht trauen kann, haben die doch in der Vergangenheit eindrucksvoll bewiesen. Selbst das griechische Volk sieht das doch so.

  • S
    scheipant

    stell' dir vor, es ist demokratie - und keiner geht hin ...

     

    wozu auch!?

     

    schließlich sprechen wir doch nicht umsonst von stimme "ab-geben".

     

    ein guter, weil wahrer artikel, hoffentlich wird er gehört!

  • FT
    Fritz Teich

    Es ist ein ultraalter Hut. Die Umkehrungt aller Verhaeltnisse begann schon mit dem Beitritt zur EU. Wenn eine EU-Richtlinie vom Parlament nur noch abgenickt werden kann, anders noch im Fall der Vorratsdatenspeicherung, dann ist das das gerade Gegenteil der Gesaetzgebungszustaendigkeiten im Grundgesetz. Wesentliches wird von der Exekutive bestimmt, das Unwesentliche bestimmt das Volk. Man nennt es das Regieren ueber Bruessel und das hat in Deutschland noch niemals ernsthaft jemanden gestoert. So ehrlich sind deutsche Politiker. Am Buerger liegt es nicht. Der Buerger erinnert sich nur daran, dass die Euro-Einfuehrung trotz schoener Reden in der Praxis DM=Euro hiess, also eine Abwertung seines Geldes, das er fuer Dinge des taeglichen Bedarfs auszugeben hat, um 50 %. Hat auch keinen gestoert. So ist die Welt und so war sie auch 33-45. Dem Deutschen war und ist alles egal, solange man ihn schlafen laesst.

  • CB
    Christel Buchinger

    Danke Bettina Gaus! endlich steht es mal geschrieben in einer Zeitung!

     

    Und wer kontrolliert die Verfassungshüter? fragt Karl K.

     

    Ganz einfach: das Volk, von dem alle Macht ausgehen muss. Und das Volk erfüllt seine Aufgabe nicht. Es hätte nach Artikel 20 (4) „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ und meines ERachtens die Pflicht zum Widerstand!

  • M
    mdarge

    Dieser Artikel kommt zu spät. Denn was lesen wir in der bei mir sonst sehr geschätzten Wikipedia? Dort wird der Primat der Politik dem Nationalsozialismus gleichgesetzt. Selbst Denker wie Carl Christian von Weizsäcker vertreten die Ansicht, dass „zur Lösung der Weltprobleme“ der Wirtschaft die Führungsrolle vor der Politik überlassen werden sollte.

     

    Doch was heißt das praktisch? Lassen wir den Limes gegen Unendlich laufen und fragen, wer sich hinter Politik verbirgt? Das sind Menschen oder je nach dem ein Mensch, der Mensch an sich. Und was verbirgt sich hinter dem Primat der Ökonomie? Die Wirtschaft, konkreter das Geld oder die Logik des Geldes, also Besitz. Da Besitz einen Herrschaftsanspruch ausdrückt, bedeutet Ökonomie Macht, Macht pur.

     

    Ausklammern müssen wir das andere Thema, der einzelne und die Gesellschaft. Doch solange wir der Ökonomie den Vorrang vor der Politik einräumen, kann Demokratie nur eine Fassade sein. Alle wettern gegen die Globalisierung, die angeblich unsere Werte zerstört. Tatsächlich ist sie hier völlig unschuldig. Vielmehr dient die Globalisierung als Vehikel, um dem Vorrang der Ökonomie vor der Politik Geltung zu verschaffen.

     

    Das einzig bekannte Gegenkonzept ist das Bruttonationalglück aus Bhutan. Statt Aktienindizes zum Maßstab zu machen, geht es hier um praktische Werte.

  • B
    Burghart

    Brilliant- Pflichtlektüre für Schulen, Parteien, Parlamentarier

  • WD
    Walther Döring

    Was wir in Europa als schleichende Entmachtung der Parlamente erleben ist nichts anderes als die schmerzvolle lange Geburt der Vereinigten Staaten von Europa. Die Völker Europas werden für die nächsten 30 Jahre das Gefühl haben, dass sie mehr geben, als nehmen. Das Gefühl kennt jeder "Besserverdiener".

     

    Was wir hier tun, ist nichts anderes, als den Auftrag unserer Urgroßväter und Mütter durchzuführen, ein geeintes Europa zu bauen. Die Alternative ist unweigerlich der Krieg. Die Geschichte Europas ist durchsetzt mit furchtbaren Kriegen. Es gibt keinen Grund, warum das Europa mit seinen vielen Nationalstaaten nicht dort weitermacht, womit es nach dem Jugoslavien Krieg aufgehört hat.

     

    Selbst wenn wir sagen, wir lassen die freien Kräfte agieren, ist nach einer gewaltsamen Einigung nicht sicher, dass es nicht doch Verlierer gibt. Ein Beispiel sind die USA mit ihrem "Civil War". Das Land war für Jahrzehnte wirtschaftlich und vor allem moralisch verwüstet. Einige Gegenden im Süben haben sich bis heute nicht davon erholt.

     

    Dies will niemand. Wir in Europa geben unsere nationalstaatliche Souveränität auf für ein Europaparlament. Alles absolut nicht perfekt, im Gegenteil, es wird schlimm. Aber wenige Jahre werden reichen und Europa zeigt seine Kräfte. Es bietet Menschen alle Chancen. Große Wirtschaftszentren nehmen es mit dem Rest der Welt locker auf. Europa muss sich nicht verstwecken. Wir forschen, entwickeln und erfinden mit immer höherer Geschwindigkeit. Mir ist nicht klar, was dieser Pessimismus soll.

     

    Wenn ich die Wahl habe, als Gutverdiener mir einen Lebensraum auszusuchen, dann werde ich nicht nach Afrika wollen, auch kommen ganz bestimmt nicht die USA in Betracht. In China wäre ich auch nicht glücklich. Ohne in weitere Details zu gehen, Europa ist der Ort, an dem ich leben wollte. Es ist die Kultur, das Klima, die Wirtschaft, der Frieden einfach alles.

  • J
    Josef Švejk

    Eine alleinige Ausübung der Staatsgewalt von der Exekutive hatten wir in D doch schon einmal.....

     

    Und, bei den beschriebenen Vorgängen soll mir keiner weismachen, daß es, "wenn's ernst wird" irgendeinen Unterschied zwischen schwarzgelb und rotgrün gibt.

     

    Im Übrigen:

    das "Politikmachen" bei uns mit der Atomangst erscheint mit Blick auf diese Szenarien kaum als was anderes als ein folkloristisches Fossil.

  • KK
    Karl K

    Bettina Gaus läßt sich leider noch ergänzen.

     

    Das Bimbessystem eines gewissen Herrn Dr. Helmut Kohl war ja ein glatter Verfassungsbruch, indem er über ein Geldzahlungssystem bis in den letzten Ortsverein die Abgeordneten und mögliche Abweichler disziplinierte. Von Kohl in täglichen stundenlangen Telefongesprächen überwacht(vgl. Jürgen Leinemann).

    Ein Untersuchungsausschuß brachte deswegen nichts entscheidendes zu Tage, weil die übrigen Parteien selbst Dreck am Stecken hatten und den Untersuchungsauftrag entsprechend eng gefaßt hatten.

     

    Hinzu kommt aber folgendes:

    Es war lange Zeit kein Geheimnis, daß das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zur Rolle der Parteien, die deren Übergewicht gegenüber den einzelnen Abgeordneten erst möglich machte und abgesegnet hat. Das es diese Entscheidung angesichts der demokratiefeindlichen Entwicklung nicht mehr in dieser Form treffen bzw aufrechterhalten würde.

     

    Ich bin mir da heute nicht mehr so sicher.

    Angesichts des in der taz mehrfach kritisierten Schmusekurs des Herrn Präsidenten Andreas Voßkuhle steht ernsthaft zu besorgen, daß dieses Gericht als Hüter der Verfassung in den entscheidenden Momenten wegknickt.

    Und wir wie weiland bei den Notstandsgesetzen eine verfassungswidrige Verfassungsrechtsprechung (Peter Häberle) zu gewärtigen haben.

    Wer kontrolliert die Verfassungshüter?

    Und - Ein Gericht, daß sich mit nur einer Partei zu Tisch setzt, wird in einer rechtsstaatlichen Demokratie wegen Befangenheit abgelehnt. Zu Recht.

     

    Das alles vor dem Hintergrund, daß immer mehr Kompetenzen zur EU abwandern und die Exekutive - die nicht demokratisch legitimierte Kommission - einen Deubel tun wird, das EU-Parlament zu einer Volksvertretung auszugestalten, die diesen Namen verdient. Oder daß das in den EU - Verträgen geschehen würde.

     

    Das Ende der Demokratie?. Nö. Die Hoffnung stirbt zu letzt.

    Bangemachen gilt nicht.

  • TT
    Tacheles, TAZ!

    Endlich mal wieder ein wirklich guter Artikel in der TAZ. Dank an Bettina Gaus.

     

    Wenn die TAZ - gegen Entgelt, ja! - einen Newsletter anbieten würde, für dessen INDIVIDUELLE Zusammenstellung ich in einem Suchprofil als Auswahlkriterium auch die Namen von Autoren hinterlegen könnte, deren Artikel ich auf jeden Fall lesen möchte: DAS wäre ENDLICH mal eine vernünftige technische&menschliche Lösung.

     

    Auffi, TAZ! (oder tschüss!)