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Debatte FinanzkriseEine Frage der Gerechtigkeit

Kommentar von Nicola Liebert

Aus der Schuldenkrise kann der Staat sich weder heraussparen noch einfach herauswachsen. Aber es gibt eine dritte Lösung, die kaum diskutiert wird.

Wenn man bloß einen Haufen Geld hätte, dann wäre alles besser. Bild: Chobe / photocase.com

E s ist gar nicht so einfach, die derzeitige Eurokrise angemessen zu kommentieren. Denn auf der einen Seite möchte man den europäischen Regierungen mal so richtig den Marsch blasen, weil ihnen als einzige Antwort auf das Schuldenproblem Sparen und noch mehr Sparen einfällt.

Sparen ist in dieser Situation jedoch ein miserables Rezept. Es trifft nämlich nicht nur im Allgemeinen die Ärmsten der Gesellschaft am schlimmsten, sondern es würgt darüber hinaus die Konjunktur ab. Wenn die Wirtschaft aber nicht mehr wächst, können die Schulden erst recht nicht zurückgezahlt werden.

Die gern geforderte Alternative ist, dass die Europäische Zentralbank endlich mehr Geld in die Wirtschaft pumpt, etwa durch die bislang verpönten Aufkäufe von Staatsanleihen. Die Regierungen könnten nach dem Rezept von John Maynard Keynes riesige Konjunkturprogramme auflegen, wenn's sein muss, auf Pump. Das würde Arbeitsplätze schaffen, die Wirtschaft würde quasi von selbst aus der Krise und damit auch aus den Schulden herauswachsen.

Auf Wachstum folgt noch mehr Wachstum

Damit wäre man bei der anderen Seite angelangt. Kann es denn sein, dass einem aus linker Sicht keine andere Antwort auf die Krise einfällt, als mehr Wachstum und zu diesem Zweck gegebenenfalls mehr Schulden zu fordern? Waren unsere Sorgen über die Grenzen des Wachstums und unsere Kritik am kapitalistischen Wachstumszwang also nur Schönwetterreden?

Und ist auf einmal das Argument nichts mehr wert, dass Schulden ein ganz schlechtes Mittel zur Umverteilung sind, weil sie weniger den Armen als vielmehr den Reichen nützen - also denen, die dem Staat Geld leihen und dafür Zinsen einstreichen?

Von wachstumskritischer Seite hört man jedenfalls zur aktuellen Krise ziemlich wenig. Fast scheint es, als wäre seit 1936, als Keynes seine Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes aufstellte, nichts mehr passiert. Dabei wusste selbst Keynes, dass es mit dem Wachstum irgendwann ein Ende haben müsste - auch wenn er dabei weniger an Umweltprobleme und Ressourcenknappheit dachte als vielmehr an "gesättigten Investitionsbedarf".

Eine stagnierende Wirtschaft sah er jedoch keineswegs negativ: Wenn Mangel und Armut nach einer Zeit des Wachstums überwunden seien, könnte die Arbeitszeit stark reduziert werden, und die Menschen könnten sich endlich den schönen Seiten des Lebens widmen. Heute würde man von Qualität statt Quantität sprechen.

Die Wirklichkeit sieht bekanntlich anders aus. Auf Wachstum folgte noch mehr Wachstum, doch Mangel und Armut sind bis heute nicht beseitigt. Und weil das so ist, erscheint jegliche wirtschaftliche Stagnation als Katastrophe, von einer Rezession oder Schrumpfung ganz zu schweigen. Wächst die Wirtschaft nicht mehr, kommt es zu Lohneinbußen, zu Arbeitslosigkeit, zu Einschnitten im sozialen Bereich, zum Verlust des Eigenheims - die Folgen der Wachstumskrise sind der Bevölkerung der Krisenländer sattsam bekannt.

Der dritte Lösungsweg

Um Mangel und Armut zu beseitigen und um die negativen Folgen eines Nicht-mehr-Wachstums in Grenzen zu halten, hätten die Früchte des Wachstums gerecht verteilt werden müssen. Die Verteilungsfrage, die auch die Occupy-Bewegung zu Recht hervorhebt, ist daher der Kern des Problems.

Hatte einst Bill Clinton die US-Präsidentschaftswahlen unter dem Motto "It's the economy, stupid" - womit er die Konjunktur, also das Wirtschaftswachstum meinte - gewonnen, muss der logische Befund jetzt lauten: Es ist die Verteilungsfrage, Dummkopf! Diese Frage hängt auch eng mit einer anderen, derzeit stark debattierten Frage zusammen: der nach den Schulden.

Das Wachstum kam in den vergangenen Jahrzehnten hauptsächlich den Reichen und noch mehr den Superreichen zugute, während am unteren Ende der Einkommensskala bewusst ein Niedriglohnsektor geschaffen wurde, in dem ein menschenwürdiges Leben kaum noch möglich erscheint. In Deutschland verfügt das reichste eine Prozent der Bevölkerung, rund 650.000 Personen, allein schon über mehr als ein Drittel des gesamten Vermögens - Tendenz stark ansteigend.

Solch eine Vermögenskonzentration widerspricht nicht nur jeglichem Gerechtigkeitsempfinden. Sie ist, weil die Vermögen gern mit hohen Renditeansprüchen und daher oft höchst spekulativ an den Finanzmärkten angelegt werden, auch eine nicht unwesentliche Ursache der Finanzkrise.

Es gibt dabei ein bewährtes Mittel, für eine gerechtere Verteilung zu sorgen und gleichzeitig etwas zum Abbau der Schulden zu tun, ohne das Gemeinwesen kaputtzusparen. Es heißt: Steuern. Derzeit wird in der Finanzpolitik nur das Gegensatzpaar mehr Schulden versus mehr Sparen diskutiert.

Dabei hat der Staat eine dritte Möglichkeit, nämlich für mehr Steuereinnahmen zu sorgen. Das Gegenargument, Steuererhöhungen würgten die Konjunktur ab, ist vorgeschoben. Einerseits gibt es dafür keine stichhaltigen empirischen Belege, und andererseits ist die Haushaltssanierung qua Einsparungen noch viel schlechter für die Konjunktur.

Vermögen besteuern

Ist die Einkommens- und Reichtumsverteilung schon derart aus dem Gleichgewicht geraten, wie wir es derzeit beobachten, bietet sich ergänzend zu wesentlich höheren Einkommensteuer-Spitzensätzen und höheren Körperschaftsteuern auch die Besteuerung von Vermögen an. Mit einem Steuersatz von nur einem Prozent und großzügigen Freibeträgen, die Oma ihr Häuschen unberührt ließen, käme der Fiskus auf jährliche Zusatzeinnahmen in der Größenordnung von 14 oder 15 Milliarden Euro.

Vielleicht kein sehr hoher Betrag - würde dieses Geld allein für den Schuldenabbau verwendet, bräuchte man dafür immer noch rund 130 Jahre. Aber als Signal, dass die Regierung wirklich an mehr Gerechtigkeit interessiert ist, wäre das von unschätzbarem Wert.

Der größte Fehler der Linken in der gegenwärtigen Krise ist es, gegen die Sparpolitik anzukämpfen, ohne zugleich für mehr und gerechtere Steuern zu kämpfen. Denn diese wären die Voraussetzung, zugleich dem Spar- und dem Wachstumszwang zu entrinnen.

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12 Kommentare

 / 
  • B
    Bulgur

    Ein kleiner Text über das Geldsystem und warum es nicht gut funktionieren kann.

    Wenn ihr inhaltliche Fehler findet bin ich sehr dankbar für eure Hilfe.

     

    1. Geldvermehrung:

     

    Nehmen wir an eine Person hat 1000$ und legt diese zu 3% Zinsen bei der Bank an:

    +3% Person A 1000$ -----} Bank

     

    Die Bank muss einen bestimmten Betrag - sagen wir 10% Rückversicherung hinterlegen, den Rest kann sie verleihen:

    +3% Person A 1000$ -----} Bank

     

    -5% Person B {------900$ Bank (10%Rück-V.)

     

    Die Person hat sich das Geld geliehen, weil Sie es für etwas brauch - sprich sie gibt das Geld weiter an Person C (z.B. für ein Auto. Person C legt das erhaltene Geld bei der Bank an:

     

    +3% Person A 1000$ -----} Bank

     

    -5% Person B {------900$ Bank (10%Rück-V.)

     

    Person B 900$ ----} Person C (Für Auto)

     

    +3% Person C 900$-----} Bank

     

    Das ganze wiederholt sich immer weiter ( Bank verleiht. Person gibt Geld an andere Person und diese gibt es wieder der Bank, die es wieder verleiht. Aus Schulden entsteht neues Geld, begrenzt durch die 10% Rücklagen pro Anlage bei der Bank:

     

    +3% Person A 1000$ -----} Bank

    (10% Rücklagen)

    -5% Bank 900$-------} Person B

     

    Person B 900$-------} Person C

    (für Auto)

    +3% Person C 900$-------} Bank

    (10% Rücklagen)

    -5% Bank 810$------} Person D

     

    Person D 810$------} Person E

    (Für Sofa)

    +3% Person E 810$------} Bank

    (10% Rücklagen)

    -5% Bank 731$------} Person F

     

    Insgesamt befinden sich nun 1000+900+810 = 2710$ Guthaben auf verschiedenen Konten und die Bank hat insgesamt 900+810+731 = 2441$ verliehen.

     

    Aus den Schulden ist also Geld entstanden.

     

    So nun zum eigentlichen Problem.

    Die Bank hat 2441$ zu 5% verliehen und muss 2710$ mit 3% bedienen daraus resultiert ein Gewinn von

    (2441/100 * 5(%) = 122,05) - (2710/100*3(%) = 81,3) = 41$

     

    Die Inflation hat keinen großen Einfluss darauf, da sie bei beiden Zinssätzen abgezogen wird und die Differenz gleich bleibt.

     

    Frage 1:

    Aber wo kommen die 41$ her, die die Bank nach einem Jahr fordert?

    Fakt ist es gibt sie nicht.

    Wenn also alle Personen, die sich Geld geliehen haben für die Personen, die Geld haben arbeiten und so ihre Schulden abbauen und das Kapital so aufgelöst wird fehlen am Ende die 41$ Zinsen um auf die anfänglichen 1000 $ Kapital zu kommen, wobei alle Personen keine Schulden haben.

     

    Dieses Geld kann nur auftauchen, wenn Schulden durch Güter/ Arbeit beglichen werden. Wenn also Person B beispielsweise der Bank ein Gartenhaus baut und diese ihm dafür die Schulden erlässt -

    Nicht wenn Person B arbeiten geht Geld erwirbt und dieses benutzt um die Schulden zu bezahlen.

     

    Da dies in unsererm System aber selten gemacht wird, sondern Schulden fast immer durch Geld und nicht durch Güter getilgt werden muss es zwangsweise Menschen/Unternehmen/Staaten geben, die das Geld nicht zurückzahlen können, weil es dieses Geld nicht gibt.

    -

    Dieses System kann aber eine Weile trotzdem, ohne dass jemand das Geld nicht zurückzahlen kann, "funktionieren", wenn Menschen/Unternehmen/Staaten Interesse daran haben Schulden aufzunehmen. Wenn also jemand Interesse hat viel Geld zu leihen. So kann der ursprüngliche Schuldner seine Schulden abarbeiten und die Schulden fließen im gesamten Geldfluss dorthin wo sich jemand Geld leiht. Dieses Interesse viel Geld zu leihen besteht aber nur, wenn jemand dadurch einen Vorteil oder zumindest keinen Nachteil hat. Derjenige muss also in etwas investieren, dass mehr Geld bringt als er für die Zeit die er das Geld geliehen hat Zinsen zahlen muss und das Geld was er geliehen hat. Damit dies insgesamt möglich ist muss also die Wirtschaft gleich schnell oder schneller als die Zinsen wachsen. Dann verteilen sich die Schulden, die nicht zurückgezahlt werden können immer neu.

     

    Sobald aber die Wirtschaft nicht mehr so stark wächst will niemand Kredite aufgrund von Investitionen in die Realwirtschaft aufnehmen. Die, die zu diesem Zeitpunkt die Schulden haben wollen diese aber los werden, was jedoch nicht geht, da es mehr Schulden als Guthaben gibt bzw. nur geht, wenn Schulden mit Arbeit/Gütern bezahlt werden und nicht Güter/Arbeit verkauft werden um mit dem Geld die Schulden zu bezahlen.

    Dies führt dann zu einer Kraft die der Inflation entgegen wirkt, die durch die Ausweitung der Geldmenge entsteht. Sprich die Inflation nimmt zunächst ab. Insgesamt verschlimmert sich mit unter dadurch die Lage der Schuldner weiter und viele gehen Pleite, wodurch Schulden "vernichtet " werden und sich die Insgesamt Schulden wieder dem Guthaben annähern. Allerdings müssen dafür Menschen/Unternehmen/Staaten pleite gehen. Als erstes merken es die Schuldner wenn sie pleite gehen. Dann merken es die Banken, bei denen Sie Schulden haben. Für diese fällt durch das Pleitegehen der Kreditnehmer auch Geld weg und sie drohen ebenfalls pleite zu gehen. Dies kann jedoch der Staat nicht zulassen, da sonst die Bürger, die ihr Guthaben bei der Bank haben unzufrieden/verzweifelt sind wenn es weg ist. Zudem ist die Angst davor, dass dies geschieht ein Faktor, der die Bank schneller pleite gehen lässt, weil die Leute ihr Geld woanders hin verschieben. Also müssen die Staaten die Banken retten. Dadurch gehen dann über kurz oder lang die Staaten pleite, wenn sie das Problem nicht verschieben, indem sie die Geldmenge erhöhen und eine neue Blase - sprich Leute/Unternehmen/Staaten die ihre Schulden nicht zahlen können - erschaffen, die zunächst niemanden auffällt. Aufgrund der Krise investieren nun Leute die um ihr Geld fürchten zunehmend in Sachwerte - es setzt eine Inflation ein, die Krise lässt wieder leicht nach, da durch die Inflation der Zinssatz fällt, den die Schuldner zahlen müssen...

     

    Allerdings ist dies nicht ewig machbar, da man gegen eine exponentielle Kurve nicht ankämpfen kann es kommt immer wieder zu Zusammenbrüchen (Pleiten) und dann fängt es von vorne an allerdings passiert dies durch die immer größer werdende Geldmenge immer schneller hintereinander.

     

    2. Frage

    Ist der Zins berechtigt?

    Normalerweise zahlt man Zinsen, weil derjenige, der das Geld verleiht dieses ja auch in z.B. ein Windrad stecken könnte, was dann einen Mehrwert produziert. Also nach einer bestimmten Zeit mehr Wert ist als die Investitionskosten.

    Wenn dies aber nicht möglich ist ist der Zins evtl. unberechtigt bzw. dann hat der Zinsnehmer ein schlechtes Geschäft gemacht.

    Was aber die Ungerechtigkeit unseres Systems ausmacht, ist a) Das der Zins nicht vom Wirtschaftswachstum abhängig ist.

    b) Die Bank unerfüllbare Zinsforderungen (in Geld) stellt, indem sie mit Hilfe von Zinsen Geld fordert, was es nicht gibt.

    b1) Eine einfache Regelung, die dafür sorgt dass irgendwie die dadurch entstehenden Schulden durch Güter/Arbeit getilgt werden, würde es wesentlich besser machen.

     

    Bei unserem derzeitigen Geldsystem, bei dem immer noch das Joseph Cent Beispiel gültig, weil der Zins nicht vom Wirtschaftswachstum abhängt und die Inflation immer noch einen Realzins ermöglicht, der sich nicht sonderlich an der Wirtschaft orientiert.

     

    Insgesamt folgt aus dem System ein ungerechtfertigter Vorteil für alle die Geld haben und ein noch größerer ungerechtfertigter Nachteil für alle die wenig Geld oder "negatives" Geld haben.

     

    3.

    Forderung ein demokratisiertes Geldsystem, dass gerechter ist.

     

    Vielen dank für Kritiken

    MfG Bulgur

  • BH
    Banjo Hansen

    Eine Frage der Gier. Gier als Triebkraft. Und die ist in uns allen. Auf unterschiedlichem Niveau. Und keiner, es sei denn, diese Person ist ernsthaft retardiert, wird zurückstecken. Finde ich gut, das Leben ist kurz. Und Schulden sind heute rein virtuell, daher spielt ihre Höhe und offensichtlich auch ihre Begrenzung keine Rolle mehr.

  • A
    Achwe

    Es ist zwar eine schöne und einfache Lösung, aber heutige Unternehmen haben kaum die regionale Verbundenheit. Sprich, wenn ein Staat z.B. die Gewerbesteuer erhöht, dann ziehen die Großunternehmen mit dem meisten Kapital an einen anderen Standort. Die Idee mit der Vermögenssteuer ist gut und sie kennt eigentlich jeder, mittlerweile haben schon mehrere Reiche gesagt, sie wären bereit mehr Steuern zu zahlen. Problem dabei ist einfach nur, dass die FDP ihr Klientel schützen will und kein bisschen an die nächste Generation denkt. Aber den Aspekt sparen darf man natürlich nicht vollkommen aus dem Auge verlieren, die Ausgaben des Staates sind in den letzten Jahren stark angestiegen, aber die Steuern wurde nicht angepasst. Aber auch ein Fakt, was dem Staat viel Geld gekostet hat, war die Öffnung der DDR, sprich man hätte dies schneller wieder in eine richtige Laufbahn lenken müssen und dabei vielleicht sogar als Notlösung die DDR als eigenständige, demokratischen Staat nebenher laufen lassen müssen. Dieser hätte dann über einen Zeitraum die Schulden zurüchbezahlen können und außerdem die Betriebe schonender, als es geschehen ist, in die Privatwirtschaft übergeben können. Natürlich wäre dies damals völlig undenkbar gewesen und das kann ich eigentlich auch nur so locker sagen, weil ich ein Teil der Generation nach der Öffnung bin. Ich will im endeffekt damit sagen, dass der Staat trotz steigender Kosten die Einahmen nicht erhöht hat. Diesen Verlust kann man nicht einfach in kurzer Zeit durch sparen wieder wett machen, die Politik muss aber jetzt endlich anfangen intelligent zu sparen, aber auch die Einahmen zu erhöhen.

  • N
    nahab

    Nicola Liebert: der dritte weg wird seid Jahren von der Linken im Bundestag gefordert.

    Dass die internen Probleme der Linken viel lieber in den Medien auseinandergenommen werden, als ihr Programm ist eine weitere Ursache der Krise.

  • R
    reblek

    "Wenn die Wirtschaft aber nicht mehr wächst, können die Schulden erst recht nicht zurückgezahlt werden." - Es ist interessant, was Wirtschaftsexpert(inn)en so von sich geben: Sie "zahlen Schulden zurück". Folglich haben sie auch "Schulden aufgenommen". Unsereiner, der keine Ahnung von Ökonomie hat, nimmt einen Kredit auf und zahlt den zurück. Klugerweise, denn wer Schulden aufnimmt und zurückzahlt - wenn das ginge - bekommt vorher nicht einen Cent Kredit. Ein lausiges Geschäft. Und lausige Expert(inn)en.

  • I
    ilona

    Die kapitalistische Weltordnung funktioniert nun mal so:

     

    1, mit immer weniger Arbeitskosten (Lohnstückkosten)....

    2, immer mehr Profit abgeschöpen, der

    3, in immer weniger Taschen, bzw. auf immer weniger Konten fließt und

    4, von dort aus in die freie Finanzwirtschaft, weil dort immense Spekulations-Gewinne generiert werden, die in der Realwirtschaft unmöglich wären. Dieses führt dann

    5, zu einem immer größer werdenden 'Blubb' auf den Konten der Zocker und ihrer Banken, der irgendwann platzt. Bäng! Weil es viel viel mehr verbuchtes Geld gibt auf den Konten als Dinge, die man dafür kaufen könnte oder wollte – wenn man sie denn überhaupt bräuchte.

    Dann haben wir also

    6, 'NOTLEIDENDE BANKEN', die müssen gerettet werden! Denn die haben ja sowieso schon unser gutgläubig angelegtes Geld, verzockt und verballert.

    Also vom Staat, mit Staatsschulden. Und der holt es sich dann irgendwann von den zig-Millionen kleinen Arbeitstieren, Sparern, Lohnsteuerzahlern, Rentnern, Häuslebauern etc., denn wer soll es denn sonst tun, das Retten? Das ist gerecht, denn anders geht es nicht – there is no alternative!... äääh... sagen die Superreichen und ihre befreundeten Politiker!

    Sind dann also

    7, die Banken wieder gut bei Kasse, wird das Casino wieder eröffnet. :-) Alle freuen sich, dass es nun weitergeht wie gehabt, nein, noch doller! Denn nun spendieren sie klammen Ländern, von unseren Staatsschulden natürlich, großzügig hunterte-Milliarden-Kredite, für üppige Zinsen, versteht sich, um deren Konjunktur anzukurbeln – damit diese wieder die Produkte der hochverschuldeten Geberländer kaufen können und damit auch deren Konjunktur wieder in die Gänge kommt – und das funktioniert so:

     

    1, Sparen: Mit immer weniger Arbeitskosten (Lohnstückkosten)....

    2, immer mehr Profit abschöpfen..... der

    3, in immer weniger Taschen fließt........ usw. usw...

     

    So kommt alles wieder in die Reihe. Die Märkte regeln das schon von selbst. :-) Denn die Superreichen werden dem Staat etwas abgeben als Reichensteuer. Oder als Transaktionssteuer. Nur, von was eigentlich? Am liebsten von dem überschüssigen Spielgeld, das eigentlich sowieso nichts wert ist. Und was sie morgen in den Staat reinstecken, holen sie sich sowieso übermorgen wieder raus, diese Schlawiner, wenn Rot-Grün nach den nächsten Wahlen die Kapitalertragssteuer pauschal auf 15 % senkt. :-) Wen würde das wundern, nach der so 'erfolgreichen' Agenda 10 ?

    Die können das!

  • JA
    J. Amazonas

    Ein Verweis auf die so genannte "Reichtumsuhr" wäre zu diesem Thema angebracht gewesen. Sie findet sich an vielen Stellen im Internet, z.B. auf der Seite der Initiative "Vermögensteuer jetzt": http://www.vermoegensteuerjetzt.de/topic/17.reichtumsuhr.html

    Berechnet wurde diese Uhr, die der bekannteren "Schuldenuhr" das gleichzeitig wachsende Nettovermögen der Oberschicht gegenüberstellt, vom DGB Hessen-Thüringen und ver.di Hessen.

  • G
    gras

    "Der größte Fehler der Linken in der gegenwärtigen Krise ist es, gegen die Sparpolitik anzukämpfen, ohne zugleich für mehr und gerechtere Steuern zu kämpfen."

     

    Man kann den Linken ja einiges vorwerfen - aber dass sie nicht für ein gerechteres Steuersystem kämpfen nun wirklich nicht.

  • O
    Oli

    Guter Beitrag. Der Staat müsste nur Hartz und Sozialgeld um 50 Euro erhöhen und rabiater gegen Schwarzarbeit und Missbrauch bei Mindestlöhnen vorgehen und sofort würden sich die Löhne stabilisieren, der Konsum leicht anziehen. Um wirklich wirksame Veränderungen zu erreichen, müsste der Staat aber eine Arbeitszeitverkürzung durchsetzen, denn die Produktivität steigt und die Lohnerhöhungen kommen nicht hinterher. Aber der Staat macht das Gegenteil. Immerhin haben Grüne und SPD mit Hartz-IV die Löhne erodiert und in vielen Branchen damit sinkende Löhne ausgelöst. Insofern glaube ich nicht, dass sich was ändert, mir kommt es auch so vor, als verstünden die nicht, was sie wirklich tun.

     

    Dass viele Politiker bei ihren Doktorarbeiten gemogelt haben, spricht ja auch dafür, dass es eine eher unwissende Show-Gruppe ist, als wirklich handlungsfähige Abgeordnete. Heute tratt die Rente mit 67 in Kraft, gestern positionierte sich der bayrische CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer dagegen. Das zeigt, wie diese Leute ticken: Erst Show, dann schlechte Gesetze mit vielen Nachteilen und irgendwann ein wenig Dagegen-Sein.

    Und jetzt wird dieses Spielchen auf den Rest der EU angewendet ... Ergebnis: Katastrophe.

  • SG
    Stefan G.

    3. Lösungsweg klingt gut, ist aber auch nur ein Lösungsweg innerhalb dieses kaputten Systemes...wie wäres es denn mit den Lösungswegen "zinsloses Geldsystem" und "Regionalgeld" sowie "Grundeinkommen"?

    Davon liest man in den dominanten Medien gar nichts

    und die Politiker tun immer so, als wenn es das alles nicht geben würde und wir absolut altennativlos sind....

    alle, die diese Alternativen kennen, müssen sich total veräppelt vor kommen...

  • MS
    Michael Springer

    Der Finanzkapitalismus stellt inzwischen das ganze westlich geprägte Zivilisationsmodell in Frage.

    Es entsteht eine "Finanz-Elite" die sich von Zinsen aus Staatsschulden nährt und keine Zukunftssicherung durch eigene Real-Investitionen mehr betreibt.

    Politik ist damit "ökonomisch-strategisch" führungslos geworden - sie wird durch Zinsdiktate selbst geführt.

     

    Der Ausweg:

    die Finanzkapitalisten vor die Tür auf dem Weltmarkt aussetzen! Das geht so:

     

    Aufkauf aller Staatsanleihen durch die EZB,gesetzliche Verzinsung bei der EZB.

    Zinserträge bei EZB einsammeln und davon einfach die Schulden bezahlen.

    Maßnahmen:

    - gesetzliches Verbot, Staatsanleihen auf dem privaten Markt zu versteigern.

    - Einführung von Bürgeranleihen, die für 5,10,20,40 Jahre angelegt werden, gegen gesetzlichen Zins.

    - Bürgeranleihen auf 400.000 €/Kopf begrenzen.

    Später: Auszahlung der Bürgeranleihen als "gesicherte ratierliche Rentenansprüche".

     

    - Negativ-Zinsen auf "stille Geldvermögen" die nicht "arbeiten" (Investitionsdruck).

     

    - persönliche Zinserträge wie "Arbeit" besteuern

     

    - Finanztransaktionssteuer

     

    - Größe von Banken beschränken

     

    - EU-Rohstoff-Fond aufbauen der volkswirtschaftliche Gewinne erzielt.

     

    Wenn man dies konsequent und schrittweise umsetzt,und Ausgaben und Subventionen kürzt - wird Europa ca. 2030 schuldenfrei sein!

  • H
    Hans

    Ich finde den Kommentar von Nicola Liebert ganz gut, allerdings würde ich ein paar kurze Anmerkungen machen:

    - Es gibt immer mehr 400-EURO-Jobs, parallel sinken die Entgelte dafür, von 4 bis 5 EURO ist bereits in einigen Orten die Rede und dadurch ergeben sich Zeitvolumina, die in Richtung Vollzeitjobs drehen. Ein Ende des 400-EURO-Job-Booms ist nicht abzusehen.

    - Teilzeitbeschäftigung zu niedrigen Löhnen: Immer mehr Leute müssen für weniger Geld und kürzere Zeiten arbeiten.

    - Immer mehr Überstunden: Kaum eine Firma, in der nicht beharrlich unentgeldliche Überstünden geleistet werden. In wenigen Firmen wird noch ein Extratarif fällig. Die Folge: Immer mehr Überstunden - Tendenz seit Jahren steigend

    - 1-EURO-Jobber werden in vielen Bereichen als echte Arbeitskraft eingesetzt, ein gewaltiger Sog entsteht und am Ende gibt koordinierten Maßenprotest von den Organisationen und Behörden, die auf diese Leute zurückgreiffen können, wenn hier etwas eingespart wird.

    - Keine Kontrollen bei Entlohnung und Mindestlohn, so wird's Bescheißen leicht gemacht. Wer mogelt, fliegt meist nicht auf und wenn doch, dann bezahlt man Ministrafen und das ganze Spiel geht von Neuem los.

    - Werkverträge, Zeit- und Leiharbeit: Es gibt eine unglaubliche Wachstumsbranche, die davon lebt, dass es einen Überschuss anqualifizierten Arbeitskräften gibt. Es wird praktisch alles erlaubt: Firmen gehören Firmen, die sich gegenseitig Arbeitskräfte zu Niedrigpreisen leihen und für sinkende Löhen sorgen

    - Aufstockung: Niedrige Löhne werden staatlich gefördert, normale Löhne nicht: Folge: Immer mehr Geld fließt in miese Arbeit. Versprochene Effekte bleiben aus.

     

    Meiner Meinung nach müsste in Deutschland der Gesetzgeber zu erst rann und die sonderbaren, destruktiven Regelungen kippen. Danach sollte der Staat auf Wachstum schalten, denn nur das bringt Verteilungsräume und bei der heutigen Fertigkeit, läuft dies weder auf exzessive Umweltverschmutzung, noch auf eine Zerstörung der Landschaften heraus.

    Und ohne Lohnsteigerungen und die Senkung der Wochenarbeitszeiten entsteht auch keine Vollbeschäftigung, das war schon zwischen 1960 und 1970 (von 48 auf 40 Stunden) so, sonst hätte es die Vollbeschäftigung niemals gegeben.