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Archiv-Artikel

Debatte: Atomkonsens – Lücken mit Tücken Ahaus und Gronau müssen endlich stillgelegt werden

Auf der Tagesordnung stehen ein sofortiger Einlagerungsstopp für Ahaus, die Stilllegung der UAA Gronau sowie das Ende jeder unterstützenden Atomforschung

Die Menschen in Nordrhein-Westfalen reiben sich verwundert die Augen – aus dem Nichts heraus ist die Atompolitik wieder Thema. Die rot-grünen Minister in Düsseldorf überbieten sich derzeit geradezu mit ablehnenden Äußerungen zu den geplanten Castor-Transporten von Dresden-Rossendorf nach Ahaus. Da wird von „neun Wochen Ausnahmezustand“ und von „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ gesprochen, da werden Kosten von bis zu 50 Millionen Euro in den Raum gestellt und Ministerpräsident Steinbrück fordert bereits ein „Machtwort“ von Bundeskanzler Schröder.

Man könnte daher meinen, die rot-grüne Landesregierung verfolge einen konsequenten Anti-Atom-Kurs. Leider gibt es genügend Anlass, dies zu bezweifeln. Zum einen waren es Teile der NRW-Regierung, die ursprünglich einen schnellen Transporttermin wünschten. Die Rechnung: Bis zu den anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen ist die Aufregung wieder abgeklungen. Diese Rechnung ging nicht auf. So sehr die jetzige Kehrtwende zu begrüßen ist, sie kommt nicht aus Einsicht, sondern unter dem Druck der rasch stärker werdenden Proteste der Anti-Atom-Initiativen.

Fatal ist die Konzentration auf die Kostenfrage für die Transporte. Wenn es nur darum geht, „Steuermillionen“ zu sparen, wird die rot-grüne Landesregierung womöglich schon die Zusammenfassung der neun bis 18 geplanten Straßentransporte zu einem einzigen Transport als Erfolg feiern.

Denn noch wird der Atomstandort Ahaus von der Landesregierung nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Schon bald sollen weitere Castoren aus dem Forschungsreaktor FRM II in Garching kommen. Ab 2008 sind dann Transporte aus der französischen Plutoniumfabrik La Hague geplant. Das Zwischenlager Ahaus ist aber nach heutigem Recht nicht mehr genehmigungsfähig und muss sofort stillgelegt werden.

Die Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau wurde im so genannten Atomkonsens gar nicht erst erwähnt. Wer aus der Atomenergie aussteigen will, kann die UAA nicht ungestört weiter laufen lassen. Die militärische Dimension ist hinlänglich bekannt: Die Stichworte lauten Atomwaffenproduktion, panzerbrechende Uranmunition. Doch weder SPD noch Grüne gehen ernsthaft gegen die UAA vor. Dieses Verhalten ist schlicht ein Skandal und entlarvt die „Ausstiegspolitik“.

Die Liste der Atom-Sünden ist aber noch länger: In Jülich wird unvermindert weiter an der in NRW gescheiterten Hochtemperatur-Reaktorlinie geforscht. Ländern wie Südafrika, China und Japan wird Unterstützung gewährt, um dem Reaktortyp weltweit doch noch zum Durchbruch zu verhelfen. Die Landesregierung wiegelt auch hier ab.

Immer mehr Menschen erkennen, dass sie sich auf einen Atomausstieg von oben nicht verlassen können. Die rot-grüne Bundes- wie Landesregierung haben hier völlig versagt. In Düsseldorf sollte man die derzeitigen Castor-Proteste zum Anlass nehmen, einen radikalen Kurswechsel vorzunehmen. Auf der Tagesordnung stehen ein sofortiger Einlagerungsstopp für Ahaus, die Stilllegung der UAA Gronau sowie das Ende jeder unterstützenden Atomforschung auch für ausländische Reaktorbetreiber.

Die Anti-Atom-Initiativen werden jedenfalls nicht locker lassen: Am 21. März wird der Widerstand mit einem großen Sonntagsspaziergang in Ahaus in die nächste Runde gehen. Denkbar sind außerdem neue Autobahn-Proteste – in den Osterferien. MATTHIAS EICKHOFF