Debatte: Abschied vom Zentralismus – Zweiter Teil : Mehr Gewicht für die Regionen
Nicht die CDU will in der „bequemen Oppositionsrolle“ verharren – Rot-Grün fehlt der Mut für eine konsequente Reform – meint Helmut Stahl
Der Kollege Thomas Rommelspacher (Grüne) kündigt für Februar ein Gesetzespaket an, „das den neuen Regionalverband Ruhr installiert“ – in der taz vom 8. Januar 2004. Soll er. Was er nicht soll: Der CDU mangelnden Mut andichten, die „bequeme Oppositionsrolle“ zu verlassen, weil die CDU dieses Gesetzespaket nicht mitschultern will. Der Grund ist einfach: Wir haben es gewogen und zu leicht befunden.
Denn: Rot-Grün will den Ruhrgebietsstädten lediglich eine interkommunale Planungskompetenz geben – im Korsett eines regionalen „Masterplanes“, von der Landesregierung abgesegnet. Das ist uns zu wenig. Wir wollen dem neuen KVR die Planungskompetenz für das Ruhrgebiet geben. Deshalb bekommt er die Zuständigkeit für den Gebietsentwicklungsplan. Das ist mehr – für die Bürger und für die Region.
Wir wollen einen starken Regionalverband für das Ruhrgebiet, Rot-Grün will die Region „von oben“ weiter bevormunden. Und: Setzt sich Rot-Grün durch, bleibt das Ruhrgebiet zerrissen durch die Grenzen dreier Regierungsbezirke, geteilt durch zwei Landschaftsverbände. Das kann nicht Zukunftsinteresse des Ruhrgebiets sein!
Die CDU hat ein klares Konzept für eine Verwaltungsstrukturreform im Land NRW. Das zu erarbeiten war nicht leicht. Es hat viele Diskussionen gegeben. Sie sind jetzt entschieden.
Wir wollen die fünf Bezirksregierungen und die beiden Landschaftsverbände in NRW zu drei Regionalverwaltungen zusammenführen. Wir wollen damit sowohl die kommunale Selbstverwaltung wie die Bündelungskraft der Regionen stärken – natürlich auch des Ruhrgebiets. Die neue Regionalverwaltung Ruhrgebiet erhielte – wie Westfalen-Lippe und Rheinland – ein ganz anderes, größeres Gewicht als der RVR nach dem Gesetzentwurf von Rot-Grün. Die Regionalverwaltung Ruhrgebiet hätte dann eine eigenständige administrative und auch politische Verantwortung für die Region. Sie kann bürger- und kundenfreundlicher öffentliche Dienste leisten, das Gewicht und Interesse der Region stärker zur Geltung bringen. Das dient der Region und ihren Menschen. Eine starke Regionalverwaltung macht Wege kürzer, ist bürgerfreundlicher, weil bürgernäher, kann aus der Bodenhaftung der Region mehr tun für Wirtschaft, Verkehrs- oder soziale Infrastruktur.
Rot-Grün verfolgt ein anderes Konzept: Jetzt das „Gesetzpaket“ mit ein bisschen Fortschritt für das Ruhrgebiet, darüber hinaus aber Beibehaltung des Dualismus von Regierungsbezirken und Landschaftsverbänden mit ihrer das Revier trennenden Grenze.
Weil es politisch nicht klug ist, Verwaltungsreformen zu Glaubensfragen zu machen, loten CDU und Landesregierung Möglichkeiten aus, einen Konsens zu finden. Damit verträgt es sich nicht, wenn Rot-Grün jetzt versucht, Pflöcke einzuschlagen.
Der Ministerpräsident hat in einem Interview vom 14. Januar 2004 einen – von uns geteilten – Zeitrahmen umrissen: „Kurzfristig in diesem Frühjahr muss klar sein, ob SPD und CDU dieselbe Melodie singen oder nicht“. Gemeinsames Singen erfordert gemeinsame Noten, gemeinsamen Text. Klar ist, dass wir uns als CDU von Rot-Grün weder Text noch Melodie diktieren lassen.
Die CDU ist verhandlungswillig und kompromissbereit. Wenig Sinn macht es aus unserer Sicht, einen kleinen Schritt zu tun, wie ihn Rot-Grün mit den Gesetzentwürfen zum RVR jetzt gehen will, wenn direkt ein großer und richtiger Schritt getan werden kann – nämlich: Schaffung einer starken Regionalverwaltung für das Ruhrgebiet.
Also: Nicht die CDU muss zum Jagen getragen werden, sondern die SPD. Sie ist es, der bisher der Mut zu einer Verwaltungsstrukturreform fehlt, die den Namen verdient. Diese Wahrheit auszusprechen hat den Kollegen Rommelspacher der Mut verlassen.
HELMUT STAHL