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Deabatte IntegrationsstudieArbeit, Bildung, deutscher Pass

Sabine am Orde
Kommentar von Sabine am Orde

Lässt sich die Integration von Aussiedlern und Türken so einfach vergleichen? Nein. Eine neue Studie hat es versucht. Leider lädt sie zu falschen Schlussfolgerungen ein.

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Sabine am Orde
Innenpolitik
Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

3 Kommentare

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  • GB
    Gabriele Boos-Niazy

    Mein Leserkommentar (5.2.09)

    es gibt eine Gruppe, die sowohl gebildet ist als auch Arbeit und einen deutschen Pass hat, ja sogar verbeamtet ist und die man gerade vehement aus einer jahrelangen beruflich erfolgreichen Existenz herausdrängt: die Handvoll Lehrerinnen, die mit Kopftuch unterrichten. Das geschieht ausdrücklich gegen den Willen ihrer Schulleitungen, Schüler und Eltern und bedeutet für die Frauen ein Berufsverbot - übrigens mit den gleichen fadenscheinigen Argumenten, wie sie im noch immer existierenden Radikalenerlass genannt werden. Wenn es wirklich um den Schutz der Kinder ginge, könnte man diesen hoch qualifizierten Frauen ohne weiteres einen Job im Schulministerium anbieten, so wie man es zuhauf mit Lehrern macht, die sich eines tatsächlichen Vergehens schuldig gemacht und die man der Schülerschaft aus pädagogischen Gründen nicht mehr zumuten kann. Aber das tut man doch lieber nicht, warum nur? Würde dann zu offensichtlich, dass das Dogma "das Kopftuch ist ein Zeichen der Unterdrückung und Unterordnung" nur ein politisch notwendiges Instrument ist, um in einer extrem pluralistischen Gesellschaft den einfachsten Weg zu gehen, um ein Gemeinschaftsgefühl heraufzubeschwören: durch Abgrenzung zu einer nicht allzu großen, deutlich erkennbaren Gruppe (wer sich je für Soziologie interessiert hat, weiß, was ich meine). Das Strickmuster: "wir werden uns zwar nicht einig, wie und wer wir sind, aber wir sind uns auf jeden Fall darüber, dass wir nicht sind wie d i e" funktioniert immer noch reibungslos und zwar bei Intelligenten und Dummen gleichermaßen.

    Die Auswirkungen für Kopftuch tragende Frauen auf dem Arbeitsmarkt sind verheerend - ich könnte mich als Prophet betätigen für die nächste Erhebung, auf der bestimmt herauskommt, dass diese Frauen sich einfach nicht integrieren, sondern lediglich als Heimchen am Herd versauern wollen. Und das, obwohl man ihnen doch permanent die Hand entgegenstreckt. Es muss wohl ein kulturelles Problem sein, dass diese Frauen meinen, man wollte ihnen damit nicht helfen, sondern eine Ohrfeige verpassen.

  • Z
    ZMarkus

    "Wie gut Menschen integriert sind..." hängt allerdings auch von den Menschen selber ab, Frau Orde. 'Versäumte Integrationspolitik', 'die Gesellschaft ist schuld', ist mir zu oberflächlich, auch zu einseitig.

    Es hat sich schon auch etwas in der Einstellung der Menschen, nennen wir sie einfach mal 'Türken' geändert. Beispiel: vor ca 15 jahren kannte ich türkische Familien, die hier leben wollten. Wollte die Frau noch Kopftuch tragen, wurde sie vom Mann angesprochen, was das denn solle, sie möchten schließlich hier leben. Das erlernen der deutschen Sprache (ich trau's mir kaum zu sagen, Frau Orde) war für diese 'Türken' (als Voraussetzung für 'Integration') selbstverständlich. Integriert sind diese Familien wirklich, außer türkisch und deutsch sprechen die Kinder oft auch den regionalen Dialekt (legen Sie mir dies bitte nicht negativ aus. Muß man schon dazu sagen, hm?).

    Das hat sich zwischenzeitlich geändert.Die Wichtigkeit der deutschen Sprache wird oft nicht anerkannt, man bewegt sich gerne auch in seinen Kreisen (die Moschee-Neubauten sind nicht umsonst auch 'türkische' Zentren mit türkischen Geschäften, Banken, Reisebüros...) und verlangt oft vom 'Staat' er soll doch bitte was 'bieten'. In diesen Fällen geht es diesen 'Türken' nicht um 'Integration' in diese Gesellschaft. Sie haben längst ihre eigene. Parallelgesellschaft nennt sich das wohl.

    Was diese Tendenz m. M. nach unterstützt hat, war die Verteufelung des Islam in den Jahren nach 2001 durch Medien und Politiker. Viele 'Türken' haben sich, sozusagen unter dem Druck von Außen, vermehrt in ihre 'Glaubens-Gruppe' zurückgezogen.Ein 'wir' und 'die andern' hat sich verstärkt.Das überall zu sehende Kopftuch (auch Identitätsstiftend?) ist Symbol dafür.

    Ich bin schon der Meinung, dass eine Gesellschaft (nennen Sie es meinetwegen 'Mehrheitsgesellschaft', auch die 'deutsche Gesellschaft' genannt)von den Neu-Ankommenden durchaus ohne schlechtes Gewissen erwarten darf, sich zu 'integrieren'. Das heißt ja nicht, die Wurzeln zu verleugnen. In der veröffentlichten Meinung geht es anders rum: wie paßt sich diese Gesellschaft den 'Ankommenden' an.Das ist sicher nicht der Königsweg für etwas gemeinsames. Wer nicht weiß, wer er selber ist (Deutschland weiß es sicher nicht), wird auch von den anderen nicht anerkannt.

  • S
    s.fuchs

    Viele Zusammenhänge wurden in dem Kommentar treffend dargestellt. Trotzdem gibt es eben nicht nur soziökonomische Ursachen, die Integration beeinflussen. Insbesondere kulturelle Hintergründe und das Festhalten an überkommenen Traditionen führen v.a. in türkischen Communities zu einer Isolierung in der Gesellschaft, zu einer Segregation.