■ Daumenkino: Teufel auch: Mein Leben ist die Hölle
Geradezu hämisch waren einige Verrisse, die hierzulande über die dritte Regiearbeit von Josiane Balasko erschienen sind. Sollte das möglicherweise damit zusammenhängen, daß die drastische Komik, die den Film auszeichnet, nicht in die gängigen Schemata von „Frauenfilmen“ paßt? Das filmische Gedächtnis wird offensichtlich immer kürzer (oder liegt es an den Erwartungen des Publikums?), denn vor zwanzig Jahren war der dänische „Nehmen Sie es wie ein Mann, Madame!“, an den mich zumindest der Anfang von „Mein Leben ist die Hölle“ erinnerte, ein Riesenhit.
Besagter Anfang ist eine so knappe wie präzise Beschreibung des alltäglichen Frusts einer etwas übergewichtigen Dame, gespielt von Regisseurin und Co-Autorin Balasko, bei uns bekannt geworden als Geliebte von Gérard Depardieu in Bertrand Bliers „Zu schön für dich!“. An ihrem 35. Geburstag bündelt sich für Leah der Terror. Plötzlich wollen ihr alle gemeinsam an den Kragen: ihr fieser ausbeuterischer Chef, ihr geldgierig-desinteressierter Psychiater, ihr sexbesessener Wohnungsnachbar und, nicht zuletzt, ihre aufgedrehte Mutter. Gerade hat sie vehement den Satan für ihre Ledigkeit verantwortlich gemacht, da taucht der charmante Unterteufel namens Abar auf, steht plötzlich so in ihrem Zimmer und bietet ihr einen neuen Körper an. Nicht umsonst, versteht sich.
Natürlich funktioniert das nicht (weil sie als Monroe- Imitation in den Männern eindeutig Zweideutiges erweckt), aber sie kann sich immerhin an dem Psychiater auf derb-komische Weise rächen – und natürlich hat sie auch das Kleingedruckte im Vertrag übersehen. Schließlich jedoch kommen sie und der Teufel sich näher, sie bekehrt ihn, wofür er sie am Ende aus einem brennenden Haus rettet und ihr sein Blut spendet – was ganz neue Probleme mit sich bringt.
Zugegebenermaßen: Nach dem furiosen Auftakt verliert sich die Geschichte später in einigen Nebenlinien ebenso wie die special effects, die nicht immer so ökonomisch eingesetzt sind wie beim sekundenschnellen Alterungsprozeß von Leahs Mutter. Da wird der Film mit Bildern aus dem Himmel (Michael Lonsdale als konsternierter Erzengel Gabriel in einer Welt ganz in Weiß) und der Vorhölle (der Unterteufel-Treffpunkt als düstere Szene-Kneipe) zum Spektakel, das zwar das Cinemascope-Format zu füllen weiß, nicht aber das Interesse des Zuschauers durchgängig zu befriedigen vermag.
Das expressive Spiel von Daniel Auteuil als schlitzohriger Teufel ist der Grellheit des Films als ganzes angemessen, die Zwischentöne verflüchtigen sich. Aber warum dürfen Zuschauer und Zuschauerinnen nicht auch einmal beim Film einer Frau einen höllischen Spaß haben? Frank Arnold
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