■ Daumenkino: Bodysnatchers
Eine alte, mit gruftiger Patina überzogene Mär, die erstmals in den fünfziger Jahren von Good Old Don Siegel verfilmt wurde. Sie basierte auf einer hübschen Serie von Jack Finney. Ein Ungetüm von einem Film, den bis heute noch niemand schlüssig nacherzählen kann, erzählte „The Invasion of the Bodysnatchers“ mitten im Kalten Krieg die Geschichte einer kleinen kalifornischen Stadt (es war immer eine kleine kalifornische Stadt), deren Einwohner plötzlich ihren Angehörigen fremd werden. Sie sehen aus wie früher, sie tun, was sie früher taten, aber irgend etwas stimmt nicht mit ihnen. Ein Doktor mit dem aparten Namen Kevin McCarthy hat es übernommen, der Chose auf den Grund zu gehen, allerdings nicht ohne die Assistenz der – jetzt müssen wir wohl sagen reizenden, denn das sagt man an dieser Stelle halt – Dame Dana Wynter.
Die beiden stellen fest, daß sich aus den Himmeln über der Stadt eine merkwürdig giftige Flora herabgesenkt hat, die zunächst klein und unscheinbar wirkt, aber später Desaströses anrichtet. Sie fällt über die Menschen her, während jene schlummern, und saugt ihnen das Blut aus. Solchermaßen Vampireskes und Atomzeitalterliches mischend, bediente der Film die wichtigsten Fantasien darüber, wozu die Russen fähig sind.
Zwanzig Jahre später, 1978, tauchte der Stoff wieder auf, diesmal in der Regie von Philip Kaufman, und wurde interessanterweise nach San Francisco versetzt, in die post-traumatische Gegenwart. Donald Sutherland gibt hier einen Public- Health-Inspector, einem neuen, kalifornischen Konzept von Gesundheitspflege folgend, der von der reizenden Brooke Adams assistiert wird. Von bedrohlichen Geräuschen begleitet, breiten sich spinnwebenhafte Gewächse über die Menschen aus, die das Original einschläfern und einen Replikanten erzeugen, der nur noch killen will und emotional indifferent ist.
Die heute anlaufende Version von Abel Ferrara („Bad Lieutenant“) verlegt die Chose in ein Militärlager. Nachdem die erste halbe Stunde noch als Kritik an der Mutation der Protagonisten durch das Schweinesystem durchgehen kann, ist, nach unserem Kritiker Th. Winkler, anschließend „nur noch eine Materialschlacht, als wäre Ferrara noch vom Kuwait-Feldzug benommen“. mn
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