■ Daumenkino: Verführung der Sirenen
Blue Mountains und Koalabärchen in Breitwand – wir sind in Australien und schreiben das Jahr 1930. Pfarrer Anthony Campion (Hugh Grant) wird mitsamt seiner kühlen Gattin Estella (Tara Fitzgerald) zum Maler Lindsay (Sam Neill)entsandt, um diesen zu bewegen, ein unziemliches Gemälde aus einer Ausstellung zu entfernen. Lindsay befindet sich allerdings recht wohl mit schwellendem Fleisch: drei ansehnliche Modelle, ein tolerantes Eheweib und frühpubertierende Kinder – Kommune.
Es ist klar, worauf die Sache hinausläuft, nur eine Frage der Zeit, wann Tugend sich der Unzucht, wann dröge Zivilisation sich einer idealisch verkitschten Natürlichkeit ergeben muß. Allenthalben donnern Symbole auf den Betrachter nieder, ringeln sich Schlangen, gluckern stille Wasser.
Man kommt nicht umhin zu bemerken, daß Regisseur John Dulgan Freud und die Bibel studiert hat. Und nicht nur das, nein, auch „Lady Chatterley“ und die Laufstege der Neuzeit hat er untersucht, im Roman den natürlichen Stallburschen zur Erweckung von Estella gefunden und auf den Modenschauen eine seiner Sirenen: Supermodel Elle Macpherson. Die darf sich dann mit ihren Gefährtinnen mutwillig räkeln, das Bein vorteilhaft angewinkelt, den Fuß leicht abgespreizt. Die Zivilisierten schleppen Koffer und kotzen beim Autofahren; die Natürlichen tragen süße Blagen, singen und baden barbusig. So einfach ist das, nur eben nicht – wie versprochen – sonderlich erotisch, sinnlich oder verführerisch. Die Bilder sind abgenutzt, der Gang der Dinge ist vorhersehbar. Estella/Fitzgerald schläft allmählich unruhig und krabbelt im Traum nackt durch eine wohlbesetzte Kirche – merke: Die Tigerin erwacht. Sheela/Macpherson modelt noch, wenn sie eigentlich nur auf allen vieren kriechen soll. Ansonsten hübsche Gegend, nackte Körper, alles makellos. Ein Film, der niemandem weh tut, aber auch nicht weiter erfreut. Am bemerkenswertesten ist noch ein mit offenem Munde schlafender Hugh Grant. Anke Westphal
„Verführung der Sirenen“, R: John Dulgan, Buch: John Duigan, Kamera: Geoff Burton, Musik: Rachel Portman. Mit Hugh Grant, Tara Fitzgerald, Sam Neill, Elle Macpherson u.a. Miramax, Farbe, GB, 95 Minuten
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