: Dauerhafte Schadstoffeinwirkung
Mein Freund, der Wald, ist krank: In Schleswig-Holstein sind drei Viertel aller Bäume geschädigt. Nur noch 13 Prozent der Buchen sind gesund. Auch den Eichen geht es mies
Kiel taz ■ Den wenigen Wäldern in Schleswig-Holstein geht es so schlecht wie nie zuvor. „Nur noch jeder vierte Baum ist gesund“, sagte Umweltminister Klaus Müller (Grüne) gestern bei der Vorstellung des Waldschadensberichtes 2004 in Kiel. Im waldärmsten deutschen Flächenland sind 75 Prozent aller Bäume geschädigt, nachdem es im vorigen Jahr noch 54 Prozent waren. Zu den Ursachen für die drastische Zunahme meinte Müller: „Die außergewöhnliche Hitze und Trockenheit des Sommers 2003 hat die Vitalität aller Baumarten erheblich geschwächt.“ Der Zustand des Waldes ist derzeit in Deutschland so schlecht noch wie nie.
Noch im Spätsommer vergangenen Jahres begannen die Bäume unter mangelhafter Wasser- und Nährstoffversorgung zu leiden. „Hinzu kamen die Massenvermehrung von Schädlingen wie Buchdrucker, Kupferstecher und Buchenwolllaus sowie eine kräftezehrende, starke Samenbildung aller Baumarten“, sagte Müller. In der Folge verloren viele Bäume Blätter oder Nadeln. 39 Prozent haben deutliche und 36 Prozent leichte Schäden. Nur im Nordwesten geht es dem Wald etwas besser.
Die älteren Bäume sind zu 60 Prozent deutlich geschädigt, wobei es den Buchen besonders schlecht geht: Bei ihnen hat sich der Anteil deutlich geschädigter Bäume auf 62 Prozent mehr als verdoppelt. Nur noch 13 Prozent aller Buchen sind gesund. Bei den Eichen sind 42 Prozent deutlich geschädigt, nach 20 Prozent im Vorjahr.
„Für die Verschlechterung des Waldzustandes sind Klimaextreme nicht allein verantwortlich“, betonte der Umweltminister. Erst die Verringerung der Widerstandsfähigkeit der Bäume auf Grund der dauerhaften Schadstoffeinwirkung habe zu den drastischen Schäden geführt. „Gemessen an der Belastbarkeit der Waldökosysteme sind Stickstoffeinträge vor allem aus Landwirtschaft und Kraftverkehr sowie die Ozonwerte nach wie vor zu hoch“, sagte Müller. Waldbauliche Maßnahmen reichten nicht aus, um die Wälder zu retten. Vielmehr müsse der Klimaschutz verstärkt werden. Der Kohlendioxid-Ausstoß müsse stärker gesenkt werden als bisher vom Bund geplant.
Wälder nehmen in Schleswig-Holstein nur knapp 10 Prozent der Landesfläche ein, bundesweit sind es rund 30 Prozent. Mit Hilfe höherer Einnahmen aus der Grundwasserabgabe will Müller die Aufforstung vorantreiben. Jährlich könnten 250 bis 350 Hektar Neuwald gebildet werden – „je nach Flächenverfügbarkeit“.