Datenschutz bei Anti-Terror-Gesetz: Streit über Rechtshilfe an USA
Das schwarz-grün regierte Land Hamburg kritisiert das Datenschutz-Niveau in einem Anti-Terror-Vertrag. Doch die Koalition will das Landesveto übergehen.
FREIBURG taz | Nächste Woche will der Bundestag einen neuen Antiterrorvertrag mit den USA ratifizieren. Das Land Hamburg versucht noch, das zu blockieren, und beruft sich auf ein Bund-Länder-Abkommen aus den 50er-Jahren. Doch der Bundestag will den Widerspruch übergehen. Ein Präzedenzfall.
Der Vertrag räumt den USA Zugriff auf die beim Bundeskriminalamt gespeicherten Fingerabdrücke und DNA-Profile ein. Zur Abwehr von Terroranschlägen können auch sonstige Daten einschließlich Informationen zur Gesundheit, zum Sexualleben und zur Gewerkschaftszugehörigkeit übermittelt werden. Der Vertrag wurde letztes Jahr auf Regierungsebene unterzeichnet. Wenn der Bundestag ratifiziert, ist er völkerrechtlich verbindlich.
Das schwarz-grün regierte Land Hamburg kritisiert jedoch, dass in den USA kein ausreichender Datenschutz besteht. Betroffene hätten kein Recht auf Auskunft, Berichtigung oder Löschung ihrer Daten. Ähnliche Kritik kommt auch aus Bremen und Rheinland-Pfalz. Dort hat man aber keinen förmlichen Einspruch erhoben.
Hamburg will, dass der Rechtshilfevertrag durch ein anspruchsvolles Datenschutzprotokoll ergänzt wird. Justizsenator Till Steffen (Grüne) sieht dafür auch Chancen: "Das Abkommen stammt ja noch aus der Bush-Ära. Ich glaube, dass die Obama-Administration eher auf europäische Vorstellungen eingeht - wenn man es versucht", sagte Steffen der taz.
Der Stadtstaat beruft sich mit dem Widerspruch auf das Lindauer Abkommen von 1957. Danach soll bei völkerrechtlichen Verträgen des Bundes, die die Gesetzgebung der Länder berühren, das Einverständnis der Länder vorliegen, bevor die Verträge verbindlich werden. Erforderlich ist nach bisheriger Staatspraxis das Einverständnis jedes Landes. Die große Koalition im Bundestag will den Rechtshilfevertrag nächste Woche dennoch ratifizieren. Das Lindauer Abkommen sei ein Gentlemens Agreement zwischen Bund und Ländern und betreffe nicht das Parlament, sondern nur die Regierung. Die Koalition will nur eine begleitende Resolution beschließen, in der die USA zu einem "verantwortungsvollen und sensiblen Umgang mit personenbezogenen Daten" gemahnt wird.
Hamburg hofft jetzt auf föderale Solidarität. "Es ist ein unfreundlicher Akt des Bundes, wenn das Lindauer Abkommen ignoriert wird. Das sollten sich die Länder nicht gefallen lassen", sagte Steffen. CHRISTIAN RATH
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?