Das kommt: Fabrik wird blockiert
Nicht ohne Grund haben sich die Aktivist*innen den kommenden Montag für ihre Massenaktion ausgesucht. Zwar produzieren riesige Fabriken wie die des globalen Konzerns „Yara“ 24/7. „Aber am Wochenende läuft die Produktion gedrosselt“, erklärt Merla, eine Sprecherin des Bündnisses. Man trifft die Produktion folglich empfindlicher an einem Wochentag.
Die jungen Menschen aus Dänemark, Belgien, Deutschland, Schweden und Frankreich haben es auf „Yara“ abgesehen, weil der Konzern, der in Brunsbüttel Ammoniak für die Herstellung von Kunstdünger produziert, einer der Hauptakteure des Systems der industriellen Landwirtschaft sei – die wiederum den Planeten zerstört.
Dabei stand die industrielle Landwirtschaft bislang noch nicht im Fokus der Klimagerechtigkeitsbewegung. Zu unrecht. Wenn man die Umwandlung von Wäldern zu Äckern – etwa durch Brandrodung – die Produktion und den Einsatz großer Maschinen, die Herstellung von Kunstdünger und Pestiziden, den Methanausstoß von Kühen sowie die Verpackung und den Export der Agrarprodukte in alle Welt einrechnet, kommt einiges an Treibhausgasen zusammen. Laut den Aktivist*innen, die sich „Free the Soil“ („Befreit die Böden“) nennen, sind es 44 bis 55 Prozent des globalen Gesamtausstoßes.
Zudem, so argumentieren die Umweltschützer*innen, drängten Konzerne wie „Yara“ Kleinbauern in die Abhängigkeit und vernichteten so ökologische Alternativen zu den marktbeherrschenden Discounter- und Supermarktketten. Das sehe man auf dem deutschen Lebensmittelmarkt: Neben Edeka, Aldi und Rewe geht da nicht viel.
Um im kapitalistischen System mithalten zu können, um EU-Subventionen abzugreifen, müssten Landwirtschaftsbetriebe ständig ihre Erträge steigern und ihre Betriebe vergrößern. Da könne Kunstdünger kurzfristig wie ein verlockender Turboantrieb für eine fette Ernte wirken.
Aber langfristig zerstöre er die Böden. Die synthetisch hergestellten Gemische aus Stickstoff, Kalium und Phosphor sind äußerst energieintensiv in der Herstellung und basieren auf dem Einsatz fossiler Brennstoffe wie Erdgas, das nicht selten durch Fracking gewonnen wird.
Seit Donnerstag sind die Aktivist*innen in einem Camp in St. Margarethen, nahe Brunsbüttel. Dort soll es Workshops und Diskussionen geben, bis die Bodenbefreier*innen am Montag früh zur Fabrik ziehen um „eine von Europas größten Stickstoff-Kunstdüngemittelfabriken stillzulegen.“
Katharina Schipkowski
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