: Das große Schweigen
■ Nach der Durchsuchung bei Atlas : Niemand sagt etwas
Ratlose Gesichter bei „Atlas Elektronik“. Nachdem Bemate der Kriminalpolizei am Dienstag die Räume der Geschäftsführung durchsucht hatten (siehe taz von gestern), dringen keine weiteren Informationen nach draußen: „Verwundert und überrascht“ sei die Belegschaft, heißt es vom Betriebsrat, Geschäftsführer Karl-Triebold will sich zu den Vorwürfen nicht äußern, ehe seine Anwälte die Akten eingesehen haben. Und auch die Staatsanwaltschaft in München, die die Durchsuchung und Beschlagnahmung angeordnet hat, ist nicht auskunftfreudig: Erst müsse das Material gesichtet werden, hieß es gestern.
Büro und Privaträume Triebolds waren gestern durchsucht worden, weil „ein Anfangsverdacht auf Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz“ vorliege, so der Leitende Oberstaatsanwalt am Münchner Landgericht I, Dieter Emrich (siehe S.2). Von Atlas sollen elektronische Ausrüstungen für Kriegsschiffe illegal ins Ausland gegangen sein, beziehungsweise sollen solche Geschäfte vermittelt worden sein. Im Betriebsrat bei Atlas weiß man nur, daß es die Geschäftsbeziehungen zu einer Münchner Firma sind, die den Verdacht haben aufkommen lassen. Auch Pressesprecher Dieter Hartwig ist überrascht: „Wir werden ständig überprüft und sind immer sauber gewesen. Erst am 20. April waren die Kontrolleure des Bundesausfuhramtes hier und haben nichts beanstandet.“ Staatsanwalt Emrich bestätigte gestern die Ansicht von Atlas Elektronik, es werde nicht gegen die Firma, sondern gegen Triebold persönlich ermittelt.
Der Anteil an Rüstungsproduktion bei Atlas beträgt nach eigenen Angaben etwa 50 Prozent, insgesamt arbeiten im Betrieb, der zum Vulkan-Verbund gehört, etwa 3200 Menschen. Nach Angaben von Wolfram Elsner, dem Konversionsbeauftragten beim Wirtschaftssenator, hat Atlas nicht so schnell auf Konversion gesetzt wie kleinere Unternehmen wie DST. Atlas steht im Vergleich zu anderen europäischen Rüstungsfirmen mit dem Rücken zur Wand und leidet unter den im europäischen Maßstab engen Grenzen für den Export von Rüstungsgütern. Die direkte Konkurrenz in England und Frankreich dagegen sieht sich weit weniger Restriktionen gegenüber. Atlas drängt daher wie andere deutsche Rüstungsproduzenten auf eine „europaweite Harmonisierung“, sprich Lockerung der Ausfuhrbestimmungen. Die Liste von Ländern, in die laut Außenwirtschaftsgesetz keine Waffen geliefert werden dürfen, soll gerade im Bonner Wirtschaftsministerium stark reduziert werden. „Diese Verkürzung der Liste wird kommen. Es wäre unplausibel, vor diesem Hintergrund einen solchen Coup landen zu wollen,“ meint Elsner. bpo
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