Das ganze Jahr Saison: Mit Mythos Urlauber locken
Griechenland will zwar seine Touristenzahlen fast verdoppeln, hat dafür aber wenig neue Ideen
Seit zwei Jahren hat Griechenland endlich ein Tourismus-Ministerium. Das ist nicht nur für das Wohlergehen der 800.000 Griechen zuständig, die vom Fremdenverkehr leben und die immerhin 16 Prozent des griechischen Arbeitsmarktes ausmachen, sondern soll sich auch um 13 Millionen ausländische Besucher jährlich kümmern, die 28,6 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Fanny Palli-Petralia, vor über einem Jahrzehnt schon einmal Staatssekretärin für Gesundheit, übernahm im Februar diesen Posten. Eine ihrer ersten Auslandsreisen führte sie im März auf die Berliner Internationale Tourismusbörse (ITB) in Berlin, um dort die "Perspektiven der griechischen Tourismuswirtschaft aufzuzeigen". Dabei formulierte sie ein Ziel: Die Zahl der ausländischen Besucher von 13 auf 25 Millionen jährlich zu steigern.
Was ihr dazu an Mitteln einfiel, war kaum neu. So soll der Agrotourismus gefördert werden. Eine entsprechende Förderungsgesellschaft, die Agrotouristiki SA unter Leitung von Brigitta Papastavrou, gibt es bereits seit 2001. Sie hat die Kriterien für ein Qualitätssiegel erarbeitet, einige Seminare veranstaltet und den Peloponnes für ein Pilotprojekt ausgewählt. Als Mitglieder aufgenommen wurden unter anderem Luxushotels und teure Country Clubs, die mit Agrotourismus nur insofern zu tun haben, als sie nicht in Großstädten liegen. Die Mitgliedsbetriebe werden allerdings bisher nicht einmal auf Griechisch auf der kargen Internetseite www.agrotour.gr vorgestellt und können aus dem Ausland nicht gebucht werden. Immerhin ist gerade ein erstes Mitgliedsverzeichnis erschienen, das man für 22 Euro kaufen kann - allerdings nur in Griechenland.
Die Saison soll verlängert und Hellas zum Ganzjahresziel werden. Das wurde in der Vergangenheit schon öfter versucht. Zwei Jahre lang konnte man zum Beispiel deutsche Reiseveranstalter dazu bewegen, ihre Charterflüge nach Kreta und Rhodos bis Ende November anzubieten. Jetzt ist wieder Ende Oktober Schluss. Zu wenig Hotels haben mitgespielt, zu viele Läden und Tavernen waren trotz der Saisonverlängerung ab Ende Oktober geschlossen.
Ein besonderes Anliegen der neuen Tourismus-Ministerin ist die Förderung des Sport-Tourismus und die sinnvolle Nutzung der olympischen Sportstätten, die bisher weitgehend brach liegen. Nicht einmal öffentliche Führungen durch das Olympia-Gelände mit dem einzigartigen, 261 Millionen Euro teuren Calatrava-Dach werden angeboten, obwohl sich täglich Dutzende von Schaulustigen zu den verschlossenen Toren begeben. Dreißig olympische Sportstätten in fünfzehn olympischen Zentren liegen brach und kosten jährlich etwa 100 Millionen Euro allein an Unterhalt. Nur das Olympia-Stadion selbst wird noch regelmäßig für Fußballspiele genutzt; im September 2006 soll hier der 10. Leichtathletik-Weltcup ausgerichtet werden. In der ehemaligen Badminton- Halle gastierte "Holiday on Ice", in einem Teil des Internationalen Medienzentrums wird ein Museum des Internationalen Leichtathletikverbandes eingerichtet. Ins Olympische Dorf sind einige sozial schwächere Familien eingezogen. Kommunen und Sportvereine können die Sportstätten wegen der hohen Unterhaltskosten nicht mal als Geschenk annehmen. Alleiniger Gewinner ist die Natur, die sich die in einem Sumpfgebiet bei Marathon eingerichtete Ruderstrecke wieder zurückerobert hat.
In der Tourismus-Werbung setzt Fanny Palli-Petralia auf die humanistische Bildung des Abendlandes. Der Slogan "Erlebe deinen Mythos in Griechenland" soll helfen, die Touristenzahlen zu verdoppeln. Die meisten Touristen werden wohl aus dem Griechenlandurlaub zurückkommen und ihr "Mythos" genossen haben: Griechenlands populärste Biermarke heißt so.
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