piwik no script img

Das debile DorfSenat salomonisch

■ Bremer Blumenkübelfrage geklärt

Der Senat zu Bremen ist eine weises Gremium. Er verplempert seine Zeit nicht mit abgehobenen Debatten über die Perspektiven unseres zwei-Städte-Gemeinwesens. Der Senat hat erkannt, daß auch im Kleinen das Wesentliche steckt.

Heute darf sich die Bremer Regierung mit der Blumenkübelfrage beschäftigen, die vor einigen Wochen die Kaufleutegemüter in der Innenstadt beschäftigt hat. Die aus der Knochenhauerstraße hatten nämlich Pflanzkübel aufstellen wollen, und das hatte ihnen ein Mitarbeiter des Bauressorts rundweg verboten – aus ästhetischen Gründen. Da schlug die Stunde der Opposition. Die CDU sah sich geradezu aufgefordert, eine Anfrage an den Senat zu stellen. Unter der Überschrift „Unser Dorf soll schöner werden“ wollten die Christdemokraten wissen, ob denn der Senat die Auffassung aus dem Hause der Bausenatorin teile, daß derartige Blumenkübel dem Image der Sadt eher abträglich seien (provinziell!).

Gestern durfte sich nun die Staatsräterunde in Vorbereitung der Senatssitzung mit der Frage beschäftigen. Die Bausenatorin hatte den Senat auf die Meinung ihres Mitarbeiters festlegen wollen. „Der Senat teilt die Auffassung des Senators für das Bauwesen, daß die von der Arbeitsgemeinschaft Knochenhauerstraße beantragte Anbringung ringförmiger Blechkästen zur Aufnahme von Pflanzen an einzelnen Steinpollern der Knochenhauerstraße kein angemessener Beitrag zur Verschönerung der City Bremens ist.“ Soweit die Vorlage.

Das wollte den Staatsräten gar nicht gefallen. Was sollte sich der Senat mit ästhetischen Normen abmühen, wo man sich doch erstens über Geschmack sowieso nicht streiten kann. Zweitens und vor allem waren doch dabei grundsätzliche Fragen tangiert: Bürgersinn und Eigeninitiative standen auf dem Spiel. Schließlich waren die Pflanzkübel eine Idee der Bürger! Kurzum: Diese Vorlage mußte vom Tisch.

Schon sollte der Staatsrat des Bauressorts damit beauftragt werden, binnen zwei Wochen eine neue und entschärfte Vorlage beizubringen, da griff der auch schon in die Aktentasche und zog ein Alternativpapier hervor: „Nach der 1985 durchgeführten Umgestaltung der Knochenhauerstraße hat es bereits erfolgreiche private Initiativen zur Erhöhung der Attraktivität gegeben (...). Dies gilt auch für die Aufstellung von Tontöpfen, rechteckigen oder quadratischen Blumenkübeln und für die beabsichtigtte Anbringung von kreisförmigen Blumengefäßen auf Steinpollern. Der Senat begrüßt die Absicht der Anlieger, auf eigene Kosten die Attraktivität der Straße zu erhöhen.“ Für fachkundige Beratung stehe der Bausenator gerne zur Verfügung.

Und so schreitet der Senat zu weiteren großen Taten. J.G.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen