Das autonome Auto: Freihändig fahren leicht gemacht
Informatiker der Freien Universität haben ein Auto gebaut, das mit den Pupillen gelenkt wird. Sind die Augen geschlossen, bremst es. Aber eigentlich kommt der Wagen auch ganz ohne Fahrer zurecht.
Der PKW zieht Kurven auf dem Tempelhofer Flugfeld. Doch der Platz hinterm Steuer ist leer. Nur auf dem Beifahrersitz ist David Latotzky zu sehen. Der Informatiker hält seine Hände in die Luft - und steuert den Wagen mit seinen Augen. Autonomes Auto nennen die Forscher der Freien Universität ihre Entwicklung, die sie am Freitag vorgestellt haben.
Auf dem Kopf hat Latotzky einen Fahrradhelm mit zwei Kameras. Die zeichnen die Bewegungen seiner Pupillen auf und übertragen sie auf das Lenkrad. Grob gilt: Je weiter der Fahrer nach links schaut, desto weiter dreht sich das Lenkrad in diese Richtung. Ein Blick in den Rückspiegel und der Wagen fährt rückwärts. Schließt der Fahrer die Augen für länger, bremst das Auto. In einem anderen Modus fährt der Wagen gänzlich autonom. Er scannt die Straßenlage und entscheidet allein über Beschleunigen und Bremsen. Nur an Kreuzungen gibt der Fahrer mit den Augen die Richtung vor.
Bei der Showfahrt rast Latotzkys Wagen auf Raúl Rojas zu. Der Professor für Künstliche Intelligenz weiß, dass nichts passieren kann. Er hat das Fahrzeug maßgeblich entwickelt. Es bremst automatisch wenige Meter vor seinen Füßen. Der Laserscanner auf dem Dach hat den Professor als "Passanten" erkannt und angehalten.
In 20 bis 30 Jahren könnten autonome Fahrzeuge im Straßenverkehr unterwegs sein, sagt Rojas, der auch schon Fußballroboter entwickelt hat, die bei Weltmeisterschaften ganz vorne landeten. "Für behinderte Menschen könnte die Steuerung mit den Augen eine große Erleichterung sein", sagt der Informatikprofessor. Komplett fahrerlose Shuttlebusse auf Flughäfen und Gepäcktransporter könnten schon heute zur Anwendung kommen. Technologisch sei dies alles möglich, sagt Rojas.
Ein Problem ist die Gesetzgebung. Völlig offen ist, wer an einem Unfall Schuld hätte: der Insasse, der Hersteller oder der Programmierer? Ein weiteres Problem sind Menschen außerhalb des Fahrzeugs. Zum einen stehen Passanten häufig nah am Straßenrand. Das Auto kann ihre Absichten nicht erkennen und bremst. Zudem brechen Menschen andauernd Verkehrsregeln. Für Roboter, die nichts anderes kennen, als das Befolgen von Regeln, sind sie schlichtweg nicht berechenbar.
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