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■ QuerspalteDas Volk ist dumm

Ist die DDR doch nicht schuld?

Bis gestern gehörte zu unserem politischen Allgemeingut, daß die Fusion von Berlin und Brandenburg an Honecker gescheitert ist. Sie wissen schon: Diktatur, verwundete Ostseelen, Bananen nur für die Hauptstadt und so. Jetzt aber griff das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg in die politische Debatte ein und hat, auf fundierte Zahlen gestützt, alle diese Erklärungen im wahrsten Sinne des Wortes ad absurdum geführt. Ohne den politischen Kontext noch einmal ausdrücklich zu nennen, teilte das Amt gestern mit: Jeder 15. Brandenburger ist ein amtlich anerkannter Schwerbehinderter. Also doch.

Insgesamt sind in dem Land 170.237 Menschen schwerbehindert. Nach allem, was wir heute über Brandenburg wissen, kann es sich hierbei nur um schwere geistige Behinderungen handeln. Der Vorwurf, die Brandenburger denken zu sehr mit dem Bauch und zuwenig mit dem Kopf, erscheint somit in völlig neuem Licht. Die unmittelbar nach dem Scheitern der Länderfusion aufgestellte These, das Volk sei dumm, bekommt jetzt eine ungeahnte Überzeugungskraft.

Das Statistische Landesamt hat ebenfalls mitgeteilt, daß 1996 die Zahl der Schwerbehinderten um 21 Prozent höher war als 1993; das sind 29.738 Menschen mehr. Was auf den ersten Blick etwas unerklärlich scheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein politischer Komplott des Ministerpräsidenten. Im Auftrag der Stasi-Hauptabteilung XXXII (Allgemeinmedizin) moderiert IM Stolpe sein Land seit sechs Jahren praktisch ununterbrochen. Die Medien hat er gleichgeschaltet, die Menschen hat er gleichgeschaltet. Zum morgendlichen Fahnenappell singt ganz Brandenburg die Landeshymne: Steig auf, du roter (!) Adler! Wer will da ernsthaft behaupten, der Brandenburger sei gesund?

Ganz Brandenburg ist ein Irrenhaus, und die deutsche Einheit kommt nicht voran. In Potsdam wird behindert, was zusammengehört. Geistig behindert. Elsa Zosch

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