: Das Schloß wird nicht geschleift
■ Das Bezirksamt Mitte wird die Forderung der Bezirksverordneten wahrscheinlich ablehnen
Das Schloß wird wohl nicht geschleift. Signale aus dem Bezirksamt Mitte deuten darauf hin, daß das Amt auf seiner heutigen Sitzung den sofortigen Abriß der Attrappe des Berliner Stadtschlosses ablehnen wird; genau den aber hatten die Abgeordneten des Bezirks Mitte am Donnerstag gefordert.
„Es wäre widersinnig, jetzt abzureißen“, meinte die Pressesprecherin des Bezirksamts, Karin Rietz: „Das Schloß wird wahrscheinlich bis zum Frühsommer stehenbleiben.“ Auch Wirtschaftsstadträtin Jutta Bartel hält nichts davon, „alle Stifte jetzt fallenzulassen“. Trotz des Abrißbeschlusses der Bezirksverordneten solle der Antrag des Stadtschloßfördervereins auf eine Verlängerung der Genehmigung bald bearbeitet werden. Vor einer Entscheidung müsse man allerdings die Berichte des Bauaufsichtsamtes abwarten.
Bündnis Mitte und PDS hatten vergangenen Donnerstag zum Sturm auf die Stadtschloß-Attrappe geblasen. Mit den Stimmen ihrer Abgeordneten forderte die Bezirksverordnetenversammlung das Bezirksamt auf, die Genehmigung nicht über den 10. Oktober hinaus zu verlängern. Das Bündnis Mitte argumentierte, man brauche den Marx-Engels-Platz für Volksfeste und vor allem für den Weihnachtsmarkt. Die Schloßattrappe besetze unentgeltlich eine Fläche, die dem Land Berlin normalerweise Einnahmen von mehreren hunderttausend Mark einbringen würde. „Die Einnahmen kommen auf jeden Fall rein“, behauptet dagegen Karin Reitz und verweist darauf, daß Bezirksbürgermeister Gerhard Keil sich mit den Schaustellern geeinigt habe, den Weihnachtsmarkt auch im Inneren der Kulisse zu veranstalten.
Das Bezirksamt ist nicht verpflichtet, sich an die Beschlüsse der Bezirksverordneten zu halten. Sollte es wider Erwarten doch für die Schleifung des Schlosses stimmen, dann wäre das längst nicht das letzte Wort. Das nämlich hat die „Widerspruchsbehörde“, die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe – und deren Sprecher Spahn nannte den Abrißbeschluß der Bezirksverordneten schon am Freitag „absurd“. kai
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